Ein Drittel der Fläche Deutschlands ist bewaldet. Damit gehört unser Land zu den waldreichsten Ländern Europas. Doch bei den Wäldern handelt es sich fast ausnahmslos um Wirtschaftswälder und Forsten. Nur noch 2,4 % der Wälder in Deutschland sind unberührt. Und wie dem erst kürzlich erschienenen Waldzustandsbericht 2022 entnommen werden kann, leiden unsere Wälder mehr denn je.
Dies lässt sich am Beispiel von Nordrhein-Westfalen ganz einfach verdeutlichen: Von 935.000 Hektar Wald sind 135.000 Hektar sogenannte Schadflächen, entstanden durch das Zusammenwirken von Stürmen, Sommerdürren und Massenvermehrungen des Borkenkäfers.
Dabei sollten wir den Wald eigentlich schützen, ist er doch laut NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen „unser wichtigster Klimaschützer“. Jeder Hektar Wald bindet jährlich rund zehn Tonnen Kohlendioxid. Insgesamt speichern deutsche Wälder etwa 127 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Zerstören oder schädigen wir die Wälder weiter, wird das gespeicherte CO2 freigesetzt und der Klimawandel damit weiter beschleunigt.
Doch Wälder haben für den Menschen noch viele weitere wichtige Funktionen. Indem sie Staub und Schadstoffe aus der Luft filtern und Sauerstoff produzieren, verbessern sie die Luftqualität und das regionale Klima. Als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten sorgen Wälder für Artenvielfalt und Biodiversität. Etwa 80 % aller an Land lebender Arten sind an die Wälder gebunden.
Außerdem regulieren Wälder den Wasserhaushalt, indem sie versickerndes Regenwasser, aus welchem wir unser Trinkwasser gewinnen, reinigen, filtern und speichern. Die Baumwurzeln verhindern, dass Wind und Wasser den Boden erodieren. Des Weiteren gedeihen wichtige Arzneipflanzen im Wald, was ihn zu unserer Naturapotheke werden lässt. Zu guter Letzt sind Wälder ein wichtiger Erholungsort und haben förderliche Effekte auf unsere Gesundheit.
Wälder sind also mehr als nur eine Ansammlung vieler Bäume. Sie habe einen großen Einfluss auf das Klima und sind eine der größten biologischen Schatzkammern an Land. Grund genug also, dass wir sie schützen. Denn Wälder sind vielen Gefahren ausgesetzt. Ob Massenvermehrungen von Schadinsekten, schädigende Pilze, Wildschäden, Trockenheit, Waldbrände, Sturm(-schäden), Eis und Schnee oder die Folgen des Klimawandels allgemein. Wälder leiden unter Artenarmut, Monokulturen, maschineller Bodenverdichtung, Entwässerung und vielen weiteren Eingriffen des Menschen.
Jedes Jahr am 21. März, dem Tag des Waldes, erscheint der Waldzustandsbericht des Vorjahres. Dabei wird anhand des Kronenzustandes der Gesundheitszustand der Bäume eingeschätzt. Sogenannte „Kronenverlichtungen“, also Baumkronen, in denen viele Äste und Zweige abgestorben sind bzw. die deutlich weniger Nadel- oder Blattmasse aufweisen, sind dabei immer häufiger zu sehen. Der Waldzustandserhebung 2022 zufolge ist nur jeder fünfte Baum in deutschen Wäldern vollständig gesund. Außerdem hat die Zahl abgestorbener Bäume weiter zugenommen, besonders bei Exemplaren älter als 60 Jahre.
Naturschutzbund (Nabu)-Präsident Jörg-Andreas Krüger fasst zusammen: „Regionale Extremhitze, maximale Sonnenstunden, ausgetrocknete Böden mit wenig pflanzenverfügbarem Wasser und immer tiefer fallende Grundwasserspiegel machen den Bäumen in ganz Deutschland zu schaffen.“ Mehr Waldbrände, kranke Bäume, Trockenheit: den Wäldern in Deutschland geht es so schlecht wie nie zuvor. Der Wald hat sich seit 2018 und den zunehmend trockenen Sommermonaten nicht erholen können, selbst regenreiche Winterquartale konnten den Wassermangel der Waldböden nicht ausgleichen. So werden aus einem dichten Wald mit grünem Blätterdach zunehmend kahle Flächen, ausgeblichene Baumskelette oder Bäume mit lichten Kronen, braunen Nadeln und abgeplatzter Rinde.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ergänzt: „Die Dürre schwächt die Bäume. Sie können dem Sturm, dem Winter nicht mehr trotzen und sind aufgrund dessen anfällig für Schädlingsbefall. Einen zusätzlichen negativen Einfluss auf die Hitzetoleranz der Bäume haben die weiterhin hohen Stickstoffeinträge und teilweise sauren Waldböden.“ Also ist jetzt Einsatz gefragt, um den für uns so wichtigen Wald zu schützen. „Wir müssen weiter entschlossen handeln, damit unsere Wälder in Zukunft der Trockenheit und den höheren Temperaturen trotzen können. Das heißt: Mischwald statt Monokulturen“. Weiterhin fügt Özdemir hinzu: „Der Wald braucht uns – aber umgekehrt brauchen wir auch den Wald. Lassen Sie uns alle miteinander mit vereinten Kräften daran arbeiten, dass er uns, unseren Enkeln und auch deren Nachfahren noch erhalten bleibt.“
Und dabei kann jede*r einzelne etwas zum Schutz des Waldes beitragen. Es gibt zahlreiche Baumpflanzaktionen, bei der alle helfen können, Bäume zu pflanzen. Außerdem hilft es, Müll in der Natur einzusammeln, da dieser eine Gefahr für Waldböden und Grundwasser darstellt und so Pflanzen, Tiere und Menschen gleichermaßen schadet. Weiterhin ist es hilfreich, sparsam mit Holz und Papierprodukten umzugehen und Recycling-Papier zu verwenden. Zu guter Letzt sollte beim Kauf von Holzprodukten auf dessen Herkunft geachtet werden. Wer beim Einkauf auf das PEFC– oder FSC-Siegel achtet, egal ob bei Verpackungen, Möbeln oder Dielen, unterstützt die nachhaltige Waldbewirtschaftung und schützt damit Wälder vor der Haustür und weltweit.
Am Wichtigsten ist allerdings: Klimaschutz heißt gleichzeitig immer Waldschutz!
Der Wald von morgen muss und wird sich definitiv verändern. Heutzutage sind unsere Wälder vor allem Monokulturen. Diese sind aber am anfälligsten für Stürme, Wassermangel und Klimaturbulenzen. Unsere Wälder werden bzw. müssen sich also zukünftig zu Mischwäldern entwickeln, welche strukturreicher und stabiler sind sowie einen besseren Schutz vor Schädlingen bieten. Außerdem werden sich künftig vermehrt nicht heimische Arten durchsetzen. Sie haben den Vorteil, dass sie sich besser an neue klimatische Bedingungen anpassen können, doch Vorsicht ist geboten: Solche Arten sind oft invasiv und verdrängen die heimischen Arten massiv.
Es sei dringend Zeit gegenzusteuern, warnt Özdemir. Wo immer möglich, sollten Wälder sich selbst überlassen werden, um einen naturnäheren Zustand zu erreichen, auf Kahlschläge verzichtet und Dünger wie Pflanzenschutzmittel gemieden werden.
Es gibt jedoch nur wenige Flächen, wo der Wald Wald sein kann. In Deutschland existieren insgesamt 141 sogenannte Nationale Naturlandschaften (NNL). Dieser Begriff fasst einen Großteil der deutschen Großschutzgebiete, also geschützte Landschaften, die das Naturerbe bewahren und entwickeln sollen, zusammen. Auf einem Drittel der Landesfläche Deutschlands wird sich so für Naturschutz, Klimaschutz und ein nachhaltiges Leben eingesetzt. Bei diesen NNLs wird in 3 Wildnisgebiete (Gebiete, die sich frei und natürlich, also nicht nach einem von Menschen geplanten Ziel entwickeln dürfen), 104 Naturparke (Regionen, in denen die Menschen Landschaft und Natur bewahren und entwickeln und damit einen naturverträglichen Tourismus unterstützen) und 18 Biosphärenreservate (Modellregionen, in denen das Zusammenleben von Mensch und Natur beispielhaft entwickelt und erprobt wird) unterteilt. Dazu kommen weiterhin 16 Nationalparks, also besonders geschützte Gebiete, in denen die Natur größtenteils sich selbst überlassen wird. 13 dieser Nationalparks sind überwiegend von Waldflächen belegt. In diesen darf der Mensch nicht forstlich eingreifen und beispielsweise Totholz wegräumen oder Kahlhiebe durchführen. Dadurch muss zeitweise allerdings auch mit erschreckenden Bildern und massenweise abgestorbenen Bäumen gerechnet werden, doch der Wald verjüngt sich von selbst und wird so nur viel stärker. „Geschädigte Waldflächen, wie wir sie heute [unter anderem] im Harz sehen, bewalden sich erstaunlich schnell wieder von selbst. Wir müssen sie nur in Ruhe lassen. Das sieht nach ein paar Jahren wieder ganz toll aus und bietet einer weit größeren biologischen Vielfalt Raum, als die monotonen Fichtenwälder.“, erklärt Albert Wotke von WWF Deutschland.
Hoffen wir, dass er Recht behält und es unseren Wäldern bald wieder besser geht!
Fotos: Dirk Steyer
Quellen:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Nationale_Naturlandschaften (eingesehen am 04.04.2023)
- https://nationale-naturlandschaften.de/ (eingesehen am 04.04.2023)
- https://tag-des-waldes.de/ (eingesehen am 23.03.2023)
- https://tag-des-waldes.de/gesunde-walder-fur-gesunde-menschen/ (eingesehen am 29.03.2023)
- https://tag-des-waldes.de/tipps-mit-denen-wir-dem-wald-helfen/ (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.bmel.de/DE/themen/wald/waelder-weltweit/tag-des-waldes.html (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.bmel.de/DE/themen/wald/wald-in-deutschland/wald-trockenheit-klimawandel.html (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/waldzustandsbericht-2022-2172592 (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/waelder/waelder-deutschland/klimawandel-wald-deutschland (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/waelder/lebensraum-wald/03998.html (eingesehen am 22.03.2023)
- https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/waelder/waldbewirtschaftung/28491.html (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.nabu.de/news/2023/03/33120.html (eingesehen am 28.03.2023)
- https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/waldzustandsbericht-101.html (eingesehen am 22.03.2023)
- https://www.waldhilfe.de/ (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.waldhilfe.de/zertifizierung-im-forstsektor/ (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.wwf.de/wald/deutschlands-neues-waldsterben (eingesehen am 29.03.2023)
- https://www.wwf.de/wald/flora-musica/der-wald#:~:text=W%C3%A4lder%20sind%20f%C3%BCr%20uns%20da,dem%20wir%20unser%20Trinkwasser%20gewinnen. (eingesehen am 22.03.2023)