Ostfriesland – Lieblingsurlaubsziel aller Deutschen, selbst die Ostsee-ler kommen zu uns an die Nordsee…


„Wo ist denn das Meer hin? Ist das Meer kaputt? Wo sehe ich den hier den Otto?“

Kaum haben die Sommerferien begonnen, so wünscht man sich als einheimischer doch echt das sie direkt enden. Egal wo man ist, man hört einen dieser drei Sprüche. Ik glaub de hebben se niet mehr all! Man kann die Nordsee doch nicht abpumpen, das nennt sich Wattenmeer Leute; an der Nordsee gibt es die Ebbe und die Flut. Ausgelöst wird das Ganze durch die Anziehungskräfte von Mond und Sonne auf die Erde. Auch wenn der Mond im Vergleich zur Sonne viel kleiner ist, hat er den größeren Einfluss auf Ebbe und Flut. Für Ebbe und Flut bedeutet das: Dort, wo der Wasserberg angezogen wird, läuft das Wasser auf und die Flut entsteht. Jedoch muss man ja gestehen, dass wir Einheimischen uns schon unsere Witze draus machen. So antworten wir dann doch mal aus Spaß: „Klar, haben sie nicht mitbekommen, wie man den Stöpsel gezogen hat? War das Ereignis dieses Jahr“

Okay, okay, vielleicht sind wir Ostfriesen nicht immer nett, aber müssen wir das denn? Immerhin kommen die Leute doch hier her und verschmutzen den gesamten Sommer über unsere Strände und blockieren sie auch noch.

So zum Beispiel auch an der Knock in Emden. Ein kleines Küstenstückchen direkt an der Nordsee. Bei klarem Wetter kann man rüber gucken bis nach Delfzijl in den Niederlanden. Wir Einheimischen sind das ganze Jahr über dort und lassen uns vom Wind ordentlich durchpusten, sehen den salzigen Wind als Geschenk bei Erkältungen. Auch mit dem Hund kommen viel, doch wenn der Sommer erstmal begonnen hat, reiht sich dort ein Wohnmobil ans Nächste und dazwischen stehen die PKWs mit den Familien, die im Meer baden wollen. Das gesamte Gebiet ist jedoch ein Nationalpark. Wieso also muss ich den Müll liegen lassen? Es sind diese kleinen Sachen, die einen einfach aufregen.

So genug über das Meer. Dem ein oder anderen sagt doch bestimmt auch Greetsiel was?

Ein kleines ehemaliges Fischerdörfchen mit einem wunderschönen Hafen? Nein noch nichts, vielleicht dann jetzt: Das ist das Örtchen neben dem Ort mit dem Pilsumer Leuchtturm. Ach, stimmt den kenne ja die wenigsten, jetzt müsst es klick machen. Der Otto Turm? Der mit den gelb-roten Streifen? Ja, genau der. Den kennen die meisten und eine Touristenattraktion ist durch den Film „Otto- ein Außerfriesischer“ bekannt geworden. Dumm nur das der mitten im Nichts steht, gut für Greetsiel. Denn so kommen die meisten der Touris nach ihrem Besuch beim Otto Turm noch nach Greetsiel oder wohnen da. So hat der kleine Ort mit seinen Zwillingsmühlen, einen richtigen Tourismus-Boom erlebt. Dadurch gibt es die Nordseekrabben nicht mehr direkt vom Kutter, wie um 1990 noch, sondern erst abgepackt im Supermarkt, nachdem sie in Afrika zum Pulen waren oder im Krabbenbrötchen bei de Beer beispielsweise.

Doch es sind nicht nur die Küstenorte, die mit den Touristen überschwemmt sind, sondern auch alle anderen Ostfriesischen Orte. Dat Platt Land, scheint interessant sein. Zumindest kann man heute schon sehen, was morgen kommt – laut einigen Einheimischen hier. Dennoch ist es erschreckend, wie viele Lete in den Wald gehen? Ich meine, gibt es nicht überall in Deutschland Wälder?

Es ist zum Kotzen, ich habe wirklich den Wald direkt vor der Haustür. Ich laufe ein paar hundert Meter und bin in unserem wunderschönen Heseler-Wald, der zu jeder Jahreszeit was zu bieten hat. Doch in Ruhe spazieren gehen oder joggen ist dort im Sommer einfach nicht. Touris, soweit das Auge reicht, die sich dann auch noch verlaufen… Was ist so schwer daran auf den Hauptwegen zu bleiben? Wieso muss ich durchs Unterholz gehen und die Tiere verschrecken oder deren Nester/Höhlen kaputt machen? Wieso muss ich genau dort mal wieder meinen Müll verlieren? Es gibt extra Mülleimer auf den Hauptwegen… Manchmal beginne ich an der Kompetenz von einigen Menschen zu zweifeln.

Am schlimmsten sind aber die Fragen: Können Sie Deutsch? Gibt es hier auch was anderes als Tee?“ Ja, wir Ostfriesen trinken viel Tee und er ist sowas wie ein Kulturgut hier, aber wir leben nicht hinter dem Mond. Wir kennen genauso Kaffee, Cola und alles weitere. Wir können genauso Hochdeutsch, wie der Rest von Deutschland. Zwischen 1960 und 1970, sah man Plattdeutsch als „uncoole Bauersprache“. Diesen Abwärtstrend konnte man nicht so leicht auffangen. Mittlerweile spricht meistens nur noch die ältere Generation plattdeutsch. Die Jüngeren verstehen es zwar, aber wirklich sprechen kann es kaum jemand. Jedoch ruft eine Initiative dazu auf wieder mehr Platt to proken (zu sprechen). Viele Kindergärten und Grundschulen wollen platt mit in ihr Lehrprogramm aufnehmen und es gibt sogar verschiedene Projekte für Apps, um Plattdeutsch zu lernen, wie andere Sprachen beispielsweise mit Babble. Immerhin sprechen unsere Kindheitshelden Ernie und Bert doch auch Plattdeutsch (https://youtu.be/OC69DybaVfo), wieso es also nicht auch mal selbst probieren.

Wobei was noch schlimmer ist, wenn nicht Ostfriesen zur Begrüßung „Moin Moin“ sagen. Diese Leute dürfen sich dann anhören „Dat heißt Moin! Moin Moin, ist Gebabbel“. Es scheint hart und irgendwie nicht fair, aber so ist Ostfriesland nun mal und dafür liebe ich es.

Jedoch ist Ostfriesland echt wunderschön. Es ist idyllisch und trotzdem hat man etwas Stadtfeeling mit Leer, Emden und Aurich beispielsweise. Man hat es nicht weit in die Natur und abgesehen vom Sommer, geht es eigentlich auch mit dem Touristenansturm. Außerdem geben die Touristen uns Einheimischen auch immer etwas zu lachen. Ich meine für uns ist es Sturm, wenn die Schafe keine Locken mehr haben und wenn man sich dann einige Touris bei Windstärke 3 bis 4 beschweren, ist das für uns im Herbst Alltag. Ich liebe Ostfriesland und würde es für nichts in der Welt hergeben, auch wenn ich für mein Studium in die Großstadt möchte. Denn die Bildungsmöglichkeiten sind hier für viele Einheimische das größte Manko. Aber wer weiß, vielleicht holt mein geliebtes Ostfriesland da ja noch etwas nach.




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