„Ich hab‚ mich jetzt auf ein Volo beworben!„ – Ah okay, und was ist das?
Wer auch nur irgendwie und irgendwann im Medienbereich Fuß fassen will, kommt an einem Volontariat nicht vorbei. Es ist zwar kein obligatorischer Bestandteil der Karriereleiter, aber trotzdem von vielen Seiten und aus vielen Gründen empfohlen.
Bei einem Volontariat handelt es sich um eine journalistische Ausbildung in einem Medienunternehmen jeglicher Art. Diese umfasst meist zwischen 12 bis 36 Monate Arbeit in Vollzeit, welche zusätzlich durch Weiterbildungen und Workshops ergänzt wird. Volontär:innen können sich sowohl klassisch redaktionell, aber auch in Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit ausbilden lassen. Viele Unternehmen setzen dem Volontariat einen Hochschulabschluss voraus, jedoch ist manchmal auch der direkte Einstieg nach dem Schulabschluss möglich. Der Unterschied zu einem Journalismus- oder Marketingstudium liegt im Praxisanteil: Anders als an der Hochschule steht die Theorie eher im Hintergrund, entscheidend ist viel mehr, worin sich die Volontär:innen im Arbeitsalltag auszeichnen und in welchen Bereichen sie noch Unterstützung, Wissen und Erfahrungen benötigen.
Aber aufgepasst! Wer ein Volontariat beginnt, stellt für viele Unternehmen häufig die günstigste Arbeitskraft dar. Das kann insbesondere für junge Arbeitnehmende bedeuten, dass man in einige Fallen tappen könnte. Einige ‚Red Flags‚ habe ich selbst erleben dürfen, als ich mich bei unterschiedlichen Unternehmen und Redaktionen auf ein Volontariat beworben habe. Es handelt sich somit natürlich um einen subjektiven Erfahrungsbericht, dennoch hoffe ich, dass manche Tipps Euch auf Eurer Bewerbungsreise weiterhelfen können.
Nicht unter Wert verkaufen!
Ich selbst habe mir vor meinen Bewerbungen ebenfalls überlegt, wie meine persönlichen Grenzen hinsichtlich Gehalt, Anforderungen und Arbeitsklima aussehen. Diese sollten Euch vor Euren Bewerbungsgesprächen definitiv klar sein! Ansonsten besteht die Gefahr, dass Ihr Euch sehr leicht von Arbeitsbedingungen überzeugen lassen könntet, die in der Praxis eigentlich ziemlich überfordernd sind. Natürlich sind wir Arbeitsanfänger:innen, aber das bedeutet nicht, dass wir weniger als Mindestlohn akzeptieren müssen. Leider gibt es kein klares Lohngesetz für Volontariate, aber im Internet finden sich einige Ratgeber und finanzielle Erfahrungsberichte.
In diesem Zuge ist auch das Arbeitsklima entscheidend: In einigen meiner Bewerbungsgespräche wurde sehr deutlich gemacht, dass die Ausbildungsform des Volontariats eigentlich nicht richtig ernst genommen und somit auch nicht umgesetzt wird. Stattdessen würde eigenverantwortliches Arbeiten und höchste Leistungsbereitschaft erwartet, nachts oder am Wochenende Überstunden zu sammeln sei völlig normal. Wer viel arbeitet, sollte dann ja auch mal in den Urlaub fahren können, aber auch das schien mir in einigen Unternehmen eher Theorie als Praxis zu sein: Stattdessen wurde mir sogar zurückgemeldet, dass ich lieber krank zur Arbeit kommen sollte, als noch mehr freie Tage zusätzlich zu den gesetzlichen Urlaubstagen zu nehmen.
Mental Health ist essentiell im Volo!
Wer bereits einmal im Leben mit Symptomen von zu viel Stress gekämpft und neue Lösungen etabliert hat, sollte diese im Volo keinesfalls aufgeben! Ihr müsst Euch vorstellen, dass Ihr im Volontariat sehr wahrscheinlich einige To-Dos abarbeiten werdet und das Stresslevel auch mal höher sein kann als gewünscht. Denn zur Arbeit in Vollzeit stoßen Workshops, Fortbildungen und neue Herausforderungen hinzu. Deshalb ist es noch viel wichtiger, dass Ihr auf Eure mentale Gesundheit achtet und deren Einhaltung und Schutz klar im Bewerbungsgespräch kommuniziert.
Ich habe beispielsweise immer angesprochen, dass mir offene Kommunikation unter den Kolleg:innen sehr wichtig ist, damit ich auch mal nach Pausen fragen oder meine Überforderung mitteilen kann. Je nach dem, wie Eure zukünftigen Vorgesetzten dann reagieren, lässt sich schon unheimlich viel über die Arbeitsbedingungen herausfiltern. Lasst Euch bitte nicht von irritierten Blicken, Nachfragen oder abwürgenden Kommentaren abschrecken – das heißt also nur, dass dieses Unternehmen definitiv nichts für Euch ist!
Meine persönliche Checkliste
Damit Ihr ganz einfach Eure neue Volontariatsstelle zwischen all den Jobanzeigen und Bewerbungsgesprächen finden könnt, folgt hier meine kleine Checkliste mit wichtigen Fragen vor der Bewerbung:
- Möchte ich lieber in der Redaktion oder im Marketing arbeiten?
- Wie sehen meine Gehaltsgrenzen (netto) aus?
- Bin ich bereit, in Schichtarbeit und/oder am Wochenende zu arbeiten?
- Brauche ich überhaupt Urlaubstage oder möchte ich lieber durcharbeiten?
- Wie wichtig ist mir eine enge Betreuung im Volo: Möchte ich eher alleine und eigenverantwortlich arbeiten oder wünsche ich mir mehr Absprachen und Einarbeitung?
- Möchte ich meine mentale Gesundheit im Betrieb priorisieren? Bin ich bereit, meine eigenen gesundheitlichen Anforderungen an das Unternehmen klar zu kommunizieren?
Ich drücke Euch die Daumen, dass Ihr ein tolles Volontariat nach Euren Vorstellungen findet!