Die Kulturszene in Nordrhein-Westfalen hat einen harten Einschnitt erlebt. Besonders im Ruhrgebiet sind nicht nur Projekte betroffen, sondern ganze Netzwerke geraten ins Wanken. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Mit den Kürzungen verschwinden nicht nur Strukturen, sondern auch Räume für gesellschaftlichen Austausch.
“Wir brauchen mehr Transparenz in der Kulturförderung” – Lorenz Deutsch, Kulturrat NRW
Die Exzellenz- und Spitzenförderung, über Jahre eine zentrale Stütze für Theater- und Tanzprojekte, wurde fast halbiert: von 940.000 Euro auf 520.000 Euro. Statt drei Plätzen in der Exzellenzsförderung und acht in der Spitzenförderung gibt es nur noch zwei beziehungsweise vier. Für viele Gruppen, die kontinuierlich über Jahre gearbeitet haben, bedeutet das den Verlust ihrer Existenzgrundlage.
Auch andere Sparten sind betroffen. Die Filmkulturszene verlor rund 15 Prozent ihrer Mittel, das Netzwerk Filmkultur NRW musste Personalstunden streichen und Veranstaltungen absagen. Der Rückzug des Landes aus Projekten wie der internationalen Tanzmesse NRW oder IDAS NRW ist ein weiterer Schlag. Gerade für den internationalen Austausch.
“Ein Rückbau der freien Szene hätte gravierende Folgen” – Netzwerk RuhrBühnen
Besonders kritisiert wird, wie die Einschnitte umgesetzt wurden: kurzfristig, oft ohne vorherige Abstimmung mit den Betroffenen. Förderentscheidungen wirkten willkürlich. Viele Akteure sprechen von einem massiven Vertrauensverlust.
Im Landtag regte sich Widerstand. SPD und FDP beantragten im Juli die Rettung der freien Theaterszene. Sie fordern faire Bezahlung, Planungssicherheit und eine Dynamisierung der Mittel. Damit wollen sie verhindern, dass kleinere Häuser und Produktionsstätten dauerhaft verschwinden.
Doch die gesellschaftlichen Auswirkungen reichen weiter: Kultur ist mehr als ein Freizeitangebot. Sie ist Erinnerung, Teilhabe, Widerspruch. Und sie ist immer auch ein Ort für Demokratie. Wenn Tanznetzwerke, Theater oder Filmfestivals wegbrechen, geht nicht nur künstlerische Vielfalt verloren. Es geht um Räume, in denen Gesellschaft sich selbst verhandelt.
“Kürzungen sind fatal – und schlecht kommuniziert”
Warum kurzfristige Entscheidungen getroffen wurden, die das Aus für viele mehrjährige Projekte bedeuten, und warum nicht vorab gewarnt wurde, dass Kürzungen notwendig sind, weiß niemand. Eine langfristige Kommunikation mit den jetzt Leidtragenden hätte mehr geholfen.
Das Fazit ist eindeutig: Die Kürzungen sind Realität, ihre Folgen bereits spürbar. Und doch bleibt die Frage, wie es weitergeht. Braucht es jetzt ein neues Konzept? Einen offenen Dialog? Oder wenigstens klare Kriterien, nach denen entschieden wird? Sicher ist nur: Ohne diese Antworten verliert NRW nicht nur Kultur, sondern auch Vertrauen.