-Ein Bericht-
Es ist der 28.12.2024. Ich sitze in der Straßenbahn 302 und fahre in Richtung Veltins Arena. Die Luft ist, durch die vielen Passagiere, leicht stickig, aber glücklicherweise nicht erdrückend. Die Menschen um mich herum sind dick angezogen in Mützen, Kapuzen, Schals und Handschuhen. Einige haben Deutschlandfahnen dabei. Eine große Menschenmenge strömt aus der engen Bahn heraus in die kalte Dezemberluft. Zusammen mit dem Strom begebe ich mich in die Richtung des Westeingangs. Trotz der Menschenmasse wirken die Leute entspannt und fröhlich. Ich höre ein paar Freunde, die sich über die Feiertage unterhalten und sehe andere Selfies vor der mir vorliegenden Kulisse machen. Die riesige Veltinsarena ragt vor mir dem Himmel empor. Es gibt einen kurzen Body – und Taschencheck, bei dem die Sicherheitskräfte glücklicherweise entspannt wirken. Weiter geht es in die Sektion O, in der ich die nächsten Stunden verbringen werde. Vorher noch eine kleine Pommes und etwas zu trinken und ich fühle mich bereit für das Event
- World team Challenge
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Die World Team Challenge (Biathlon auf Schalke) ist das nördlichste Biathlonrennen Deutschlands. Der Mixed-Staffel-Wettbewerb wurde von Herbert Fritzenwenger im Jahr 1992 als inoffizielle Mannschafts-Weltmeisterschaft in Ruhpolding ins Leben gerufen. Seit 2002 findet dieses Rennen in Gelsenkirchen statt. Die Größe der Arena macht es das größte Biathlon Event der Welt, denn mit 50.000 verfügbaren Plätzen sind es etwa doppelt so viele Besucher als bei den normalen Wettkämpfen. Neben der Zuschauerzahl gibt es noch weitere Besonderheiten. Da gibt es zum einen die kürzere Strecke mit circa. 1.291 Metern pro Runde und Strafrunde mit 75 Metern. Zum anderen dürfen die Starter (ersten Läufer) nicht nachladen. Letztlich gibt es einen reinen Schießwettbewerb bei den Männern und Frauen gegeneinander antreten. Ansonsten gelten die gleichen Bedingungen wie im Weltcup. Es gab 9 teilnehmende Nationen und mit zwei deutschen Duos, insgesamt 10 teilnehmende Teams. Als Neuling kam dieses Jahr Lettland dazu.
- Massenstart
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Beim Massenstart ist es, wie der Name sagt: Alle laufen gleichzeitig los. Es werden normalerweise fünf Runden gelaufen. Nach jeder der Runden folgt eine Schießeinlage. Wie bei der Verfolgung finden auch im Massenstart zunächst zwei Liegend– und danach zwei Stehendschießen statt. Nach jedem Fehlschuss muss der Athlet eine Strafrunde absolvieren. Da dies eine Mixed-Staffel ist, gibt es 9 Runden -vier für die Frauen und fünf für die Männer-. Die zusätzliche Runde bei den Männern dient dem Ausgleich zwischen den biologischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern, ähnlich wie das Gewicht der Kugeln oder die Länge der Langläuferstrecken bei den Olympischen Spielen.
- Verfolgungsrennen
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Normalerweise werden im Verfolgungsrennen insgesamt fünf Runden gelaufen. Es müssen je zwei Schießprüfungen im Liegend- und Stehendschießen absolviert werden, wobei für jeden Fehlschuss sofort eine Strafrunde gelaufen werden muss. Im Gegensatz zum Einzelwettkampf finden die Schießeinlagen hier nicht in abwechselnder Reihenfolge statt, sondern zunächst die beiden Liegend- und dann die beiden Stehendschießen. Jedoch gibt es hier den Unterschied, da es sich um eine Mixed-Staffel handelt, also gibt es insgesamt 9 Runden – vier für die Frauen und fünf für die Männer-. Die Zeitabstände für den Start des Verfolgungsrennens werden aus dem Rückstand des Massenstartrennens ermittelt und halbiert. Alle Teams, die 45 Sekunden oder mehr Rückstand auf die Führenden haben, werden zeitgleich in die zweite Halbzeit geschickt.
Das ganze Event dauerte etwa 9–10 Stunden, bei der die Zuschauer, ungebunden an das Programm, über ihre Aufenthaltsdauer entscheiden können. Es gab ein vielfältiges Programm, das um 12 Uhr mit der Eröffnung des Veranstaltungsgeländes startete. Es gab ein Winterdorf, das verschiedene gastronomische Angebote hatte. Um 14.30 Uhr konnten die Zuschauer ihre Plätze auf den nun geöffneten Tribünen finden, bevor um 14.50 Uhr die Talent-Team-Challenge begann. In dem Rennen des Biathlonnachwuchses gewannen die Norweger Guro Femsteinevik und Sivert Silsand Gerhardsen, mit Österreich auf dem zweiten Platz und den zwei deutschen Teams auf 3 & 4. Mit einer abschließenden Siegerehrung der Nachwuchsathleten um 16.35 Uhr, gab es eine kurze Pause, in welcher die Word Team Challenge Athleten sich aufwärmten und beim Anschießen waren.
Da Biathlon, zu meinem Bedauern eine Wintersportart ist und im Kalten stattfindet, waren gewissermaßen alle Zuschauer indirekt gezwungen sich warm anzuziehen. Langjährige Fans waren mit Kissen, Decken, Wärmefolien und gekauften Tees gut vorbereitet. Doch auch neue Fans des Events sind nicht erfroren, denn neben Glühwein und Tee, gab es noch die Körperwärme der anderen Zuschauer und die feuerartige Stimmung in der Halle. Außerdem bemerkte man die kalte Umgebung sowieso kaum, wenn die Biathleten aktiv im Wettkampf waren und die Spannung stieg.
Dann begann die Eröffnungszeremonie der 21. WTC um 17.10 Uhr. Ganz im Sinne des Ruhrgebietes, gab es ein Design mit Darstellern als Bergleute verkleidet und ein Stollen mit Feuerschalen am Eingang, aus welchem die Athleten traten. Einerlei ihrer Nation, alle Teilnehmer wurden mit tobendem Applaus und Jubel von den Zuschauern empfangen, wobei die deutschen Teams natürlich am meisten bekamen. Danach startete der Schießwettbewerb. Erst die Frauen, dann die Männer, aus diesen wurden die jeweils drei Besten ins Finale gelassen, bei welchem dann die Frauen gegen die Männer antraten. Es siegten die Norweger mit Laegreid und Knotten. Wie es später noch deutlich wurde, hatten die Norweger dieses Jahr besonders viel Glück (oder Können).
Der Startschuss fällt
Daraufhin starteten die Rennen – zuerst gab es den Massenstart (siehe Kasten). Die Frauen starteten und lieferten sich einen tollen Kampf. Doch dann passierte der entscheidende Fehler. Preuss machte einen Fehler, indem sie nachgeladen hat, bei einem ungültigen Schuss. Als Strafe musste ihr Partner 30 Sekunden an der Übergabestelle warten, bevor er loslaufen durfte. Im Verlauf des Rennens wurde dabei abwechselnd liegend und stehend geschossen. Als Favoriten galten die Franzosen, da sie schon in den letzten zwei Jahren gewonnen hatten. Besonders spannend war, dass Fritzenwenger versprochen hatte, ihnen den Pokal zu schenken und einen neuen zu kaufen, sollten sie ihre Serie fortführen. Denn hätten sie gewonnen, wären sie das erste Team, dass mit den gleichen zwei Athleten eine dreimalige Siegesserie hätte. Jedoch hatten sie nur bis zur Hälfte des Geschehens, knapp vor dem norwegischen Team, die Oberhand. Im ausschlaggebenden Moment beim letzten Schießen hatte Laegreid die stärkeren Nerven und brachte den Sieg für Norwegen ein.
Um 19 Uhr gab es dann eine Pause mit Programm, bei dem Danielle Puccia mit seiner Band auftrat. Der junge Mann von der Popakademie Baden-Württemberg begann seine Karriere 2021 bei DSDS und sorgte für eine coole Stimmung in der Halle mit einer Mischung aus dem Deutschpop Genre – sowie einigen englischen Rockliedern. Zu der Musik gab es eine Lichter-Show, welche das passende Ambiente schaffte. Außerdem erzählten die Moderatoren interessante Fakten über den Biathlonsport, sowie Interviews mit den Sportlern geführt.
Dann um 19.27 Uhr begann die Verfolgung (siehe Kasten). Die Norwegerin Knotten startete und wurde nach dem Ergebnis des Massenstarts von Simon und Dzhima verfolgt, zusammen mit den anderen. Durch das durchwachsene Ergebnis des Massenstarts starteten Weidel und Preuss auf 4&5 und versuchten auf die blitzschnelle Norwegerin aufzuholen. Bei jedem gut platzierten Schuss wurde gejubelt, egal welcher Nationalität. Doch wenn ein deutscher Athlet eine Runde mit null Fehlern schoss, dann tobte die Menge. Um mich herum rissen die Menschen ihre Arme hoch und jubelten, einige pfiffen und wedelten mit ihren Fahnen, während andere grölten und klatschten in die Hände. In der Reihe schräg unter mir rasselte ein Junge mit einer Holzrassel, während seine Schwester auf ihre Kuhglocke haute. Ein Schwall aus den verschiedensten Geräuschen schwappte durch die Halle. Sie baute sich mit der Spannung auf und wurde dann wieder ruhiger, als der nächste Biathlet am Schießstand stand.
Am Ende verließ den Franzosen das Glück. Sie machten elf Fehler, Claude zerbrach ein Schi und rutschte sogar aus. Die Norweger triumphierten mit einem Fehler, einer schnellen Laufleistung und die überragenden Fähigkeiten, für welche sie im Weltcup bekannt sind. Zum Abschluss verneigte sich Laegreid auf dem Weg ins Ziel und fuhr lächelnd über die Schlusslinie. Die Deutschen hatten auch eine fantastische Leistung an dem Tag. Sie wurden zweit (Weidel/Strelow) und dritt (Preuss/Nawrath) platzierte.
Es gab schlussendlich nur noch die Siegerehrung um 20 Uhr. Jeder der Athleten auf dem Treppchen bekam eine Medaille. Zusätzlich brachte der Präsident des deutschen Biathlonverbandes als ersten Preis das traditionelle riesige Veltins und den Pokal, mit welchen die Gewinner sich strahlend präsentierten. Um das Event abzurunden, gab es darauf hin noch die Closing Ceremony mit einem atemberaubenden Indoorfeuerwerk, dass eine Mischung aus Sprengkörpern und Feuerfontänen war. Im Anschluss gab es die Möglichkeit, zur Après-Ski-Party im Winterdorf zu gehen.
Viele Menschen entschieden -mich inbegriffen- schon früher zu gehen, da einem um 20.30Uhr so langsam mehr als nur die Füße einfror. Alles in allem war es ein supercooles Event, welches meinem Erachten nach einer perfekten Mischung aus Show und Sport zeigt. Nicht nur die Zuschauer waren begeistert, sondern auch die Sportler, die ihre Überraschung und Erstaunen über die begeisterte Menge zum Ausdruck brachten (Zitat) „Die Atmosphäre und das Publikum ist perfekt.“ – Karoline Offigstad Knotten. Erwähnenswert ist noch die effiziente Art, die Gelsenkirchen nutzt, um alle Zuschauer per Straßenbahn nach Hause zu bringen. Alle 2 Minuten gab es eine Bahn in Richtung Gelsenkirchen Hbf., von welchem man aus in alle Richtung konnte, und alle 20 Minuten gab es eine die direkt zum Bochumer Hauptbahnhof fuhr. Zusammenfassend: Es war mein erstes Mal und ich war durchgefroren am Ende. Deshalb würde ich empfehlen wie die Profis mehr, als nur eine Jacke mitzubringen. Ich hatte viel Spaß und würde es jedem Sportfan raten, da es die perfekte Mischung zwischen einem spannenden Schauspiel und einer motivierten Menge bietet.