Wie kam ich auf die Idee, diesen Artikel zu schreiben und warum liegt er mir so am Herzen? Vor Kurzem machte ich ein Praktikum in einer Musikschule. Ich durfte so viele verschiedene Bereiche kennenlernen – Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen dabei zuhören, wie sie ihre Talente zeigten. Ich war noch nie so viel von instrumentaler wie auch vokaler Musik umgeben und am Ende meines Praktikums wollte ich eine Reihe neuer Instrumente lernen, weil es mir so gefallen hat. Aber das allein soll nicht Thema dieses Artikels sein, denn worum es mir geht, ist die Zukunft der Musikschulen und warum sie so wichtig sind.

 

Besonders aufgefallen ist mir während des Praktikums, wie wenig Priorität Musikschulen in der Politik haben. Mein ganzes Leben war ich bisher in Musikschulen aktiv, sei es die musikalische Früherziehung, Instrumentalunterricht oder das Mitwirken in verschiedensten Orchestern. Und das betraf bzw. betrifft nicht nur mich selbst: Viele Menschen aus meinem Umfeld spielen ein Instrument und sind Teil einer Musikschule. Immer wieder verzaubern Konzerte die Besucherinnen und Besucher und Eltern sowie Großeltern bewundern die Talente ihrer Kinder. Und doch geht es so vielen Musikschulen finanziell unvorstellbar schlecht und Musiklehrerinnen und Musiklehrer werden händeringend gesucht. Wie kann das sein? Wie kann es sein, dass Musik in unserer Gesellschaft so wichtig ist und es den Musikschulen doch so schlecht geht? Aber warum ist Musik denn angeblich so wichtig?

Wo fängt Musik überhaupt an?

Meist beginnt Musik im Kleinkind- oder Kindesalter. Das bedeutet natürlich nicht, dass ein Einstieg später nicht mehr möglich wäre, doch kann es sinnvoll sein, Musik direkt in die Entwicklung der Kleinen einfließen zu lassen. So erlernen diese bereits in jungen Jahren ein gewisses musisches Gehör und haben weniger Probleme mit dem Taktgefühl. Viele Kinder besuchen dafür die musikalische Früherziehung und kommen erstmals in Kontakt mit Musik. Später entscheiden sie sich dann vielleicht für ein Instrument und beginnen dieses an einer Musikschule zu erlernen und ihr Können mehr und mehr zu verfestigen. Des Öfteren erweitert sich anschließend die musikalische Laufbahn mit Orchestererfahrungen, bei welchen gelernt wird, in einer großen Gruppe Musik zu machen. Natürlich ist das Spielen eines Instruments nicht für jeden etwas: Es bedarf viel Geduld, denn es funktioniert nicht immer alles auf Anhieb. Auch Durchhaltevermögen und Disziplin sind wichtig, damit man sich laufend verbessern kann. Doch wenn einem das Produzieren seiner eigenen Musik die Mühe wert ist, wird man dafür mit großen Erfolgen belohnt.

Und wo hört sie auf?

Nun fängt Musik also oft in jungen Jahren an, aber wo endet sie? Die Antwort lautet: nie. Musik hat keine Grenzen. Natürlich gibt es junge Menschen, die irgendwann so viel um die Ohren haben, dass das Spielen ihrer damals erlernten Instrumente in den Hintergrund rückt. So gibt es jedoch auch genauso viele Erwachsene, die noch immer ein Instrument spielen oder gerade erst anfangen, selbst Musik zu machen. Sie ist für jeden etwas, egal in welchem Alter. Solange es Spaß macht, fällt das Lernen auch nicht sonderlich schwer.

Musik ist überall

„Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“ – Victor Hugo, französischer Schriftsteller und Politiker, 1802-1885

Klar ist indessen also, dass Musik in allen Altersgruppen zu finden ist. Doch das ist nicht alles: Auch im Alltag spielt sie eine große Rolle. Ich sehe immer wieder viele Jugendliche mit Kopfhörern (mich eingeschlossen), die tagträumend ihre Lieblingssongs hören. Im Auto wird das neue Lied von Ed Sheeran oder Harry Styles aufgedreht und im Club… na ja, würde irgendjemand hineingehen wollen, wenn dort keine Musik laufen würde? Wie viele Menschen hören Musik, um sich mit dieser zu identifizieren? Sie fühlen sich von ihr verstanden, kommen durch sie zur Ruhe und können sich einfach fallen lassen. Im Radio werden die neusten Songs der Charts vorgestellt, mit Freunden singt man lautstark Karaoke und ab und zu hört man den Nachbarn auf seinem Klavier klimpern. Konzerte von berühmten Musikerinnen und Musikern sind häufig komplett ausverkauft. Fazit? – Musik ist überall und ein wichtiger Teil der gesamten Menschheit. Es wird vermutet, dass es sie so lange gibt, wie uns selbst, zumindest das vokale Musizieren. Das bedeutet, sie gehört zu uns und seien wir mal ehrlich: Aus unserer Welt wäre sie niemals wegzudenken.

Musik verbindet

„Die Musik ist die gemeinsame Sprache aller Nationen dieser Erde.“ – Khalil Gibran, libanesischer Künstler und Dichter, 1883-1931

Um diesen Punkt zu erklären, möchte ich eine Situation beschreiben, die ich vor Kurzem erlebt habe: Ich sitze in einem Saal voller Menschen. Ich kenne zwei, drei von ihnen, der Rest ist mir völlig fremd. Sie alle sind komplett unterschiedlich: Verschiedene Altersgruppen sind vertreten, manche sind politisch aktiv, bekannt und stehen häufig in der Öffentlichkeit, andere bloß Privatpersonen. Die einen machen vielleicht selbst Musik, andere bleiben immer Zuhörende. Vielleicht hatten einige heute schon einen stressigen Tag, Streit in der Familie oder machen sich Sorgen um etwas. Ich weiß es nicht, denn ich kenne sie alle nicht. Und doch sitzen wir zusammen hier und lauschen derselben Musik, gemeinsam. Es ist völlig gleichgültig, wer diese Menschen sind, wo sie herkommen, welche Sprachen sie sprechen, was sie arbeiten. In diesem Moment ist das irrelevant, nicht wichtig. Wir alle sitzen hier, lauschen derselben Musik und singen zusammen. Nicht nur die Musikerinnen und Musiker auf der Bühne, wir alle singen und der Saal füllt sich mit unseren Stimmen.

Immer, wenn ich Momente erlebe, in denen das Publikum anfängt, mit den Musizierenden mitzusingen oder auch nur zu klatschen, rührt mich das sehr. Ich fühle dann eine Verbundenheit, eine Gleichgesinnung, die mir Ruhe beschert. Auch, wenn es nur Fremde sind, sind sie mir alle in solchen Augenblicken so nah.

Musik ist Bildung

„Bei Musik geht es nicht um die Musik an sich, es geht um jene, die sie produzieren.“ – Musikschulleiter

Musik ist Bildung. Warum behaupte ich das? Nun, ich sehe Bildung nicht darin, klausurrelevante Inhalte in der Schule auswendig zu lernen und sie nach der Arbeit wieder zu vergessen. Bildung bedeutet nicht bloß auswendig gelerntes Wissen, das sich langsam aber sicher aus den Köpfen verabschiedet. Bildung bedeutet, Kompetenzen zu entwickeln, kreativ zu sein, sich weiterzuentwickeln, Selbstbeherrschung und -verantwortung praktizieren zu können, die Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit und Individualität zu fördern und so vieles mehr. Das alles bedeutet Bildung und das alles vereint die Musik. Sie lässt einen erlernen, was es bedeutet „zu lernen“, Geduld zu haben, kontinuierlich zu üben, um sich auf lange Sicht zu verbessern. Sie lehrt einen die Selbstbeherrschung, sodass man vor Wut nicht alles hinwirft, wenn ein Stück mal nicht zu funktionieren scheint. Auch lehrt sie die Selbstverantwortung, denn nur, wenn man immer und immer wieder übt, erlangt man Resultate, die sich auszahlen. Das sind alles Kompetenzen, die ein Mensch in jedem Bereich seines Lebens braucht und die er auf alles anwenden kann. Das bedeutet Bildung und das macht Musik.

 

Nach all diesen Punkten, die deutlich machen, wie wichtig Musikschulen für uns sind – wie kann es sein, dass sie doch solche Probleme haben? Dass sie nicht genug finanziell unterstützt werden, sodass sie Existenzängste haben müssen? Dass Musikschullehrerinnen und -lehrer keine Festanstellung bekommen und ebenfalls nie wissen, ob sie sich im nächsten Jahr noch auf den Beinen halten können? Musikschulen sind die Geburtsstätte der werdenden Musikerinnen und Musiker, sie besiegeln ihre Karrieren, offenbaren ihre Talente, geben ihnen die Chance, sich selbst zu verwirklichen. Und selbst, wenn man an einer Musikschule lernt, ohne Absicht, damit etwas beruflich anzufangen, es ist solch eine Bereicherung. Wenn man übt, dazulernt und am Ende nach viel Arbeit ein Stück spielen kann – das macht so stolz und glücklich! Wenn man auf der Bühne steht, im Rampenlicht und zeigen kann, wofür man so hart gearbeitet hat, wenn man merkt, dass es sich lohnt – das schenken Musikschulen ihren Schülerinnen und Schülern. Und genau dafür verdienen sie mehr Zuwendung, mehr Unterstützung, denn das muss ihnen gedankt werden. Sie nehmen dafür so viele Mühen auf sich und diese müssen ihnen im Gegenzug auch wieder entgegengebracht werden. Reden wir nicht immer von einem Geben und Nehmen?

 

Den Abschluss meines Artikels möchte aber nicht ich selbst bilden. Ich möchte die Ansichten drei weiterer Menschen aus meinem Umfeld einbinden, die selbst eine völlig andere Geschichte im Zusammenhang mit Musik haben. Zuletzt bleibt mir nur noch zu sagen: Ich hoffe, dass Musikschulen in Zukunft eine größere Rolle spielen und mehr und mehr Menschen ihren kostbaren Wert erkennen. Sie sind ein Schatz der Menschheit und müssen zwingend bewahrt werden. Vielen Dank fürs Lesen!

16 Jahre, spielt seit beinahe 11 Jahren Violine:

„Für mich ist Musik das schönste auf der Welt. Sie bringt Menschen zusammen, ob auf Konzerten oder beim eigenen Musizieren. Allein schon, wenn man über Musik redet. Sie macht einfach glücklich und kann Menschen durch Liedtexte bestärken, aufmuntern, aber eben auch in dem Sinne beruhigen, dass man weiß, nicht allein mit seinen Problemen zu sein. Ich finde es so schön, selbst Musik zu machen. So kann ich Gefühle ausdrücken und ein Stück leben lassen. Durch Instrumente kann man viel aussagen, dafür braucht man nicht einmal Worte. Musik ist wie eine universelle Sprache, sie begleitet Menschen schon immer und verbindet uns. Ein Instrument zu lernen, ist natürlich auch anstrengend und schwierig, aber wenn es Spaß macht, ist das die Hauptsache.“

 

53 Jahre, spielt selbst kein Instrument:

„Musik ist auf zwei Ebenen besonders wichtig. Zum einen ist das die emotionale: Musik bedeutet Freude und Entspannung. Immer, wenn ich auf einem Konzert bin, auf dem Instrumente spielen, berührt mich das zutiefst und lässt mich abschalten. Zum anderen ist Musik auch auf rationaler Ebene wichtig: Sie ist essenziell für die Entwicklung des Menschen!“

 

18 Jahre, spielt seit 13 Jahren Klavier:

„Musik bedeutet für mich die Flucht aus dem Alltag und dem ständigen Stress, an irgendwas denken zu müssen, bloß nichts vergessen zu dürfen. Durch die Musik bekomme ich den Kopf komplett leer und wenn ich mich nur auf sie konzentriere, kann ich alles andere ausblenden. Musik verschafft mir außerdem auch einen Moment der Kreativität.“

Quellen:

  • https://www.klassikradio.de/magazin/news/wie-lange-gibt-es-eigentlich-schon-musik (eingesehen am 23. Juli 2023)
  • https://beruhmte-zitate.de/zitate-uber-musik/ (eingesehen am 23. Juli 2023)
  • https://www.bildungsxperten.net/wissen/was-ist-bildung/ (eingesehen am 24. Juli 2023)
  • https://zitate.net/musik-zitate (eingesehen am 24. Juli 2023)

Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/kein-mensch-papier-lavendel-3221109/ (eingesehen am 23. Juli 2023)