Es war ein wunderbarer Kontrast, der sich am Nachmittag des 9. Septembers in der Dresdner Altstadt ereignete. Auf dem Theaterplatz, vor der ruhmreichen Semperoper (Für die Fußballfans: Dat Jebäude aus der Radelberger Bier Werbung), sangen der Opernchor der Semperoper, der Dresdner Kreuzchor u.a. im Rahmen des Jugendchorfests. Ringsrum hunderte Polizist:innen und Securityleute in feinen Anzügen. Ganz am Rande, neben der katholischen Hofkirche eine Handvoll Demonstrant:innen. Dann plötzlich Polizeistaffel, der Chor singt Carmen und die Demonstrant:innen fangen an zu rufen: „Merkel muss weg, Merkel muss weg“. Ob man in den Reihen der schreienden weiß, dass Merkels Amtszeit in nichtmal drei Wochen endet, bleibt dabei offen. Und da kommen sie, die Wagen der Bundeskanzlerin, mit Blaulicht und getönten Scheiben. Die Nazis schreien, der Chor singt, die Polizisten schweigen. All das, man hätte es kaum besser inszenieren können. Der Chor übertönt die Gesänge…
Und warum überhaupt das ganze?
Merkel ist nicht wegen des Kinderchors nach Dresden gereist. Sicherlich auch nicht, wegen 10 Querdenker:innen. Sie ist gekommen, um eine neue Ausstellung in der Gemäldegalerie der alten Meister zu eröffnen. Nach 4 Jahren Restauration ist hier ab heute u.a. Vermeers berühmtes Gemälde „Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster“ zu sehen. Erstmalig in seiner ursprünglich gedachten Form. Auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte ist vor Ort.
Und während drinnen Kultur zelebriert wird, hält man draußen tapfer weiter gegen die Demonstrant:innen an. Das letzte Mal in Dresden als Bundeskanzlerin, wird Angela Merkel leider nicht so erlebt haben wie die Leute draußen auf dem Theaterplatz. Für die die dort waren, war es sicherlich ein Erlebnis. Man kann nur mutmaßen, wie Angela Merkel diese Stadt für sich im Kopf behält. Hoffen wir, sie denkt an Vermeer und Chorgesang.
„Merkel ist weg“ werden die Querdenker:innen wohl kaum schreien und zufrieden werden sie vermutlich auch nicht sein, wenn die Ergebnisse der Bundestagswahl feststehen. Offen bleibt, wer dann ihr nächstes Opfer wird. Fest steht, dass die Dresdner Kulturszene weiter bestehen bleibt. Sie wird spielen und singen auch wenn die Rufe der Nazis erklingen. Dresden sagt „Auf Wiedersehen Frau Merkel.“