Eines der Ziele der neuen Bundesregierung ist die Abschaffung des Arbeitslosengeldes II (auch als Hartz IV bekannt). An dessen Stelle soll dann das sogenannte Bürgergeld treten.

 „Es ist die größte Sozialreform seit Jahren.“ – Südwest Presse

Doch was ist das eigentlich? Was sind die Unterschiede zum Arbeitslosengeld II? Welche Argumente sprechen für oder gegen die Einführung eines solchen Bürgergeldes? Und vor allem: wie ist der aktuelle Stand der Planung und Umsetzung?

Arbeitslosengeld – ein paar aktuelle Zahlen

Wenn jemand arbeitslos wird, erhält die Person zunächst das Arbeitslosengeld I. Wie lange dies ausgezahlt wird, hängt vom Alter und von der Anzahl an Monaten, die man versicherungspflichtig war, ab. Hier ein kurzes Beispiel: Ist die Person jünger als 50 Jahre und war mindestens 24 Monate versicherungspflichtig, erhält sie höchstens für 12 Monate das Arbeitslosengeld I, was etwa 60% des letzten Gehalts sind. Wenn die Person innerhalb dieses Zeitraumes immer noch keine Arbeit gefunden hat, so muss dann Arbeitslosengeld II beantragt werden. Der aktuelle Regelsatz für Alleinstehende beträgt aktuell 449€ im Monat. Zusätzlich werden Unterkunft, Heizung und Einmalkosten vom Staat übernommen. Wer nicht zu Terminen beim Jobcenter erscheint oder Jobangebote immer wieder ausschlägt, erhält weniger Geld. Aktuell beziehen durchschnittlich 740.ooo Menschen Arbeitslosengeld I und mehr als 3,5 Millionen Menschen Arbeitslosengeld II. Auch wenn dies nur ein Bruchteil – um genauer zu sein etwas mehr als 5% – unserer Bevölkerung ist, so steht eins fest: Es sind viele Menschen abhängig von diesem Geld.

„Mit dem Bürgergeld stärken wir den Sozialstaat und bringen Menschen dauerhaft aus der Arbeitslosigkeit.“ – Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD)

Das Bürgergeld und die Veränderungen

Schon länger wird über eine Art Grundeinkommen oder Grundsicherung für alle Bürger:innen in Deutschland diskutiert, aber dieser Vorschlag erhält nicht allzu viel Zustimmung. Nun möchte die Ampel-Koalition das Bürgergeld für arbeitssuchende und hilfebedürftige Menschen einführen. Am 14.09.2022 wurde das Bürgergeld-Gesetz schließlich vom Bundeskabinett bewilligt und soll ab dem 1. Januar 2023 in Kraft treten. Ziel des Bürgergeldes: eine Erhöhung der bisherigen Leistungen, Aufbau von Vertrauen zwischen Leistungsbeziehern und Jobcentern sowie eine bessere Betreuung. Man erhofft sich von der Einführung des Bürgergeldes, dass das bestehende Sozialsystem angepasst wird.

Anspruch auf das Bürgergeld haben nur folgende Personengruppen:

  • Erwerbsfähige Personen ab 15 Jahren
  • Hilfebedürftige unter 15  und über 65 Jahren
  • Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht alleine decken können
  • Personen, deren Leistung nach ALG I auslaufen

Der Regelsatz der Grundsicherung soll von 449 auf 502€ pro Monat angehoben werden; also wird beim Bürgergeld über 50€ mehr ausgezahlt als beim Vorgänger, dem Arbeitslosengeld II. Mit Partner:innen zusammenlebende Erwachsene erhalten jedoch nur 451€ und  Jugendliche ab 14 Jahren 420€. Letztendlich spielen verschiedene Faktoren bei der Höhe des Geldes, welches ausgezahlt wird, eine Rolle, wie zum Beispiel die Höhe der Lebenshaltungskosten und die Höhe des Einkommens und Vermögens. Und hier kommt die nächste Veränderung: Das Vermögen einer Person wird erst betrachtet, wenn das Bürgergeld schon zwei Jahre ausgezahlt wurde. An der Stelle kommt natürlich die Frage auf: Wieso? Wie so oft ist auch hier wieder die Verringerung von Bürokratie von Bedeutung. Wegen der aktuell sehr hohen Inflation sollen die Anpassungen die Preisentwicklung zukünftig schneller und wirksamer widerspiegeln.

Was ist eigentlich mit der Antragsstellung? Genau die wurde in der Vergangenheit oft kritisiert; sie sei zu kompliziert und es entstehe zu viel Bürokratie. Auch in dem Bereich soll sich beim Bürgergeld einiges tun: Zunächst kann das Bürgergeld nur mündlich oder schriftlich beantragt werden – erst später müssen mehrere Formulare ausgefüllt werden. Außerdem wird das Bürgergeld nur für sechs Monate ausgezahlt, danach muss ein neuer Antrag gestellt werden. Beim Arbeitslosengeld II musste erst nach zwölf Monaten ein neuer Antrag folgen.

Ebenfalls sollen die Sanktionen milder ausfallen; die Möglichkeiten zur Kürzung der Leistungen innerhalb dieser sechs Monate soll stark eingegrenzt werden. Bei wiederholten Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen können höchstens 30 Prozent des Regelbedarfs gemindert werden.

Kritikpunkte

Natürlich soll sich nach den Annahmen vieles verbessern: höhere Auszahlungen, weniger Bürokratie, bessere Betreuung, mehr Menschen können Unterstützung erhalten. Aber was sagen Kritiker:innen zu dem neuen Gesetz?

 „Mit dem Bürgergeld wird Nichtarbeit deutlich attraktiver. Das ist das Gegenteil von Respekt gegenüber den Arbeitslosen und auch denen gegenüber, die mit ihren Steuermitteln das Solidarsystem tragen.“ – Stephan Stracke (CSU)

Die CDU/CSU findet, dass das Bürgergeld einen falschen Anreiz bietet. Ihr Argument ist, dass Menschen, die nicht arbeiten und Bürgergeld bekommen, am Ende genauso viel in der Tasche haben könnten, wie Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten. Und das wäre ja schon ziemlich ungerecht, oder?

„Armut per Gesetz“- Susanne Ferschl (Linke)

Trotz der Verbesserungen würde die Erhöhung des Regelsatzes um 50€ nicht ausreichen, um den Betroffenen langfristig zu helfen. So stehen zumindest die Linken zu dem neuen Gesetz. Laut ihnen müsste der Regelsatz um mindestens 200€ zuzüglich Stromkosten erhöht werden. Aber inwiefern sich das umsetzen lässt, ist fraglich.

„Große Herausforderungen für Jobcenter“ – Frank Bsirske (Grünen)

Auch aus den eigenen Reihen kommen Bedenken und Verbesserungsvorschläge. Ein höherer Arbeitsaufwand wird erwartet und die Kommunen befürchten höhere Kosten durch das Bürgergeld. Da die Jobcenter durch die Integration von Geflüchteten aus der Ukraine bereits gefordert sind, verlangt der Arbeitsmarktexperte der Grünen, Frank Bsirske, ausreichend Finanzmittel für diese und betont, dass diese mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf noch nicht gesichert seien.

Fazit

Es wird sich mit dem Inkrafttreten des Bürgergeldes einiges verbessern und verändern. Eine Reform war dringend nötig und welche Aspekte noch optimiert werden müssen, wird sich im Laufe der Zeit zeigen. Es wird sehr wahrscheinlich nie die perfekte Lösung für alle beteiligten Personengruppen geben, aber man kann sich darum bemühen, möglichst nah das realistische Optimum zu erreichen. Fakt ist jedoch: jeder Mensch, der Unterstützung braucht, sollte diese auch angemessen erhalten.

 

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