Wer sollte Zugang zu welchen Daten haben? Ist die Datenmenge nicht viel zu groß? Was ist überhaupt „Big Data“? Das waren zentrale Fragen eines von teamGLOBAL organisierten Workshops.
teamGLOBAL – das sind junge Menschen unter 27 Jahren, die ein Netzwerk bilden, um andere ihrer Altersgruppe kennenzulernen und Globalisierungsthemen zu diskutieren. Dabei sind Elisa Heuser und Nam Duy Nguyen, die Leiter dieses Workshops, selbst keine Experten, sondern wollen mit allen Teilnehmern zusammen Neues erfahren und kritisch hinterfragen.
Schon beim Kennlernspiel lernten die Teilnehmer eine Menge übereinander: „Was war der peinlichste Post, den du jemals veröffentlicht hast?“, lautete eine Leitfrage. Die Antworten darauf bleiben sicher länger im Gedächtnis als übliche Infos wie das Alter und der Wohnort.
Inhaltlich ging es anschließend zunächst um die Geschichte und Entwicklung des Internets. Die Meilensteine dieser Entwicklung sollten auf einem Zeitstrahl zugeordnet werden. Dabei kamen überraschende Ergebnisse heraus: Wer hätte gedacht, dass die erste Online-Bestellung bereits 1994 bei „Pizza Hut“ eintraf? Deutlich wurde zudem, dass die technologische Entwicklung rund um neue Medien exponentiell verläuft. Von Anbeginn der Menschheit bis 2003 wurden fünf Milliarden Gigabyte an Daten produziert – 2014 konnte diese Datenmenge schon innerhalb von zehn Minuten produziert werden.
Durch die enorme Geschwindigkeit dieses Fortschritts werden immer häufiger Ausdrücke verwendet, für die viele noch gar keine Definition kennen. Im Workshop wurden solche Grundbegriffe wie Daten (Einsen und Nullen oder doch mehr?) oder Cloud erklärt. Mit dieser Grundlage ging es dann an das große Mysterium „Big Data“.
Dieser Begriff umfasst nämlich nicht nur die riesige Masse an Daten, die gespeichert und der Menschheit zur Verfügung gestellt wird, sondern auch die Verarbeitung dieser – die Erstellung und Beschleunigung neuer Kommunikations- und Informationskanäle.
Die Workshop-Teilnehmer diskutierten, welche Chancen und Risiken dieses Phänomen mit sich bringt. Skepsis und Besorgnis herrschten vor: Gibt es mittlerweile überhaupt noch Alternativen, mit denen man seine eigenen Daten wirklich effektiv schützen kann? Doch auch die Chancen der globalen Vernetzung faszinierten. Sie sei eine einzigartige Möglichkeit zur immateriellen Kommunikation, sagte Teilnehmer Aaron. Man könne durch das Internet tatsächlich unabhängig sein von klassischen Medien und neue Subkulturen finden.
Dass es viele unterschiedliche Standpunkte zu Fluch und Segen von Big Data gibt, war auch im nächsten Programmpunkt zu sehen. Die Jugendlichen positionierten sich im Raum, abhängig davon, wie viele Informationen sie von sich im Internet preisgeben wollen. Es entwickelte sich folgende Entscheidungsfrage: Will ich meine Gedanken und Ideen mit möglichst vielen Menschen teilen oder verhindere ich lieber, dass viele Informationen über mich verfügbar sind?
Die Reichweite der Datenspeicherung im Alltag wurde durch ein Rollenspiel veranschaulicht. Einer kranken Patientin werden Informationen zu ihrer Gesundheit verweigert, es stellt sich die Frage: Wer hat ein Recht auf wessen Daten?
In der Realität sammeln staatliche Instanzen massenhaft Daten. Nicht nur bei Gefährdungspotenzial einzelner Personen, sondern auch als allgemeine Präventivmaßnahme. Aktivisten fordern deshalb die deutsche Bundesregierung zu mehr Transparenz auf und raten dazu, mit ein paar einfachen Tricks die eigenen Daten besser zu schützen.
Als Alternative für Google stellten die Referenten von teamGLOBAL zum Beispiel Suchmaschinen vor, die keine Informationen über Suchbegriffe speichern und weitergeben (mehr Infos unter digitalcourage.de). Auf OpenStreetMaps werden Karten zum unbegrenzten Download zur Verfügung gestellt, die meist noch detaillierter sind als die von GoogleMaps. Eine Alternative zu Dropbox, die selbst Edward Snowden empfiehlt, ist Spideroak.
Um die unterschiedlichen Facetten dieses Themas zu zeigen, haben wir drei Teilnehmer nach ihrer Meinung zum Thema Datenschutz gefragt, und wie sie damit umgehen.
Aaron (läuft meist barfuß):
„Ich sehe das Thema Datenschutz deshalb so locker, weil ich denke, dass man durch die sozialen Netzwerke unglaublich viel erreichen und bewegen kann. Vor allem junge Menschen kann man da irgendwie noch zum Nachdenken bringen. Auch wirtschaftspolitisch gesehen: Ich finde den Kapitalismus nicht gut, und ewiges Wachstum kann auf einem endlichen Planeten nicht funktionieren. Da kann ich durch die sozialen Netzwerke einfach mehr erreichen, als in meinem kleinen Dorf zu den älteren Leuten hinzugehen und darüber reden. Wir jungen Menschen können unsere Gesellschaft gestalten und müssen dies auch tun.“
Benedikt (möchte Bene genannt werden):
„Es gibt für mich beim Datenschutz eine relativ große Ambivalenz. Mir persönlich ist Datenschutz unheimlich wichtig, da Privatsphäre geschützt werden muss, egal was ich gerade tue. Gleichzeitig ist mir aber klar, dass man viele Möglichkeiten, die das Internet bietet, negiert, wenn man die Privatsphäre so radikal schützt. Dann ist das Positive am Internet, also die Interaktion, die Partizipation, nicht mehr so möglich. Deswegen muss man wohl einen Mittelweg finden, was allerdings relativ schwierig ist.“
Maria (möchte lieber nichts über sich verraten):
„Mir ist Datenschutz sehr wichtig, vielleicht bin ich da auch ein Kontrollfreak. Ich möchte gerne wissen, was mit meinen Daten passiert und wer sie kriegt. Ich suche normalerweise auch aktiv nach solchen Datenschutz-Infos. Wenn ich mich irgendwo anmelde, schaue ich genau, was mit meinen Daten passiert und warum sie überhaupt benötigt werden. Hier für die youcoN habe ich beispielsweise auch keine Erlaubnis erteilt, Foto- oder Videomaterial von mir zu sammeln. Das unterschreibe ich auch nie, beziehungsweise meine Eltern nicht, da ich ja noch minderjährig bin. Ich habe bisher auch keine Nachteile gehabt, weil nicht in irgendwelchen Whatsapp-Gruppen war. Eine Freundin lässt mir die Nachrichten zukommen, oder ich frage selbständig nach. Das einzige, das ich mir schwierig vorstelle, ist irgendwo einen neuen Anschluss zu finden, zum Beispiel später mal im Studium. Jetzt habe ich noch meine Freunde in der Schule, aber wer weiß, wie das in ein paar Jahren dann aussieht?“