In Europa leben nur etwas mehr als zehn Prozent der Weltbevölkerung, die Menschen hier besitzen aber über 26 Prozent des verfügbaren Geldes in der Welt. Afrika verantwortet weniger als fünf Prozent der weltweiten Umweltverschmutzung, ist aber mit am stärksten vom Klimawandel betroffen. Im Workshop „Was sind SDGs und (wie) können wir diese erreichen?“ breitete Angelica Garcia, Vertreterin des Onlineportals Globales Lernen, eine große Weltkarte aus und drückte den Teilnehmern Holzmännchen und Plättchen in verschiedenen Farben in die Hand. Die symbolisierten Einwohner, Geld, Süßwasser und Umweltverschmutzung. Bei dem Versuch, die Plättchen auf der Weltkarte richtig zu verteilen, lag die Gruppe oft daneben – mal ein wenig, mal komplett. „Wir haben völlig unterschätzt, wie viele Menschen in Asien wohnen“, stellte eine Teilnehmerin frustriert fest.

Das Spiel machte allen bewusst, wie wenig sie über die Besitz- und Ressourcenverhältnisse auf den anderen Kontinenten wissen. Und: Durch das plakative Zuordnen von Ressourcen sprang den Teilnehmern das Missverhältnis von Bevölkerung und Wohlstand sprichwörtlich ins Auge.

Die 17 Entwicklungsziele: gleiche Verteilung von Ressourcen, mehr Frieden und Klimaschutz

Mit diesen Eindrücken führte Angelica Garcia, gebürtige Kolumbianerin, die Gruppe in die Sustainable Development Goals (SDG) ein. Sie können grob in vier Gruppen eingeteilt werden – in Ziele, die der gleichen Verteilung von Ressourcen dienen und in solche, die sich auf Frieden und Demokratie fokussieren. Andere Ziele nehmen Bildung und weitere kulturelle Aspekte wie Gleichberechtigung in den Blick. Wieder eine andere Gruppe hat die Absicht, ganz gezielt für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu sorgen, sei es durch innovative Produktionstechniken oder saubere Energie.

Ziel 17 schließlich verpflichtet die Länder zu Partnerschaften, durch die die anderen Ziele erreicht werden sollen. Die Sustainable Development Goals wurden 2015 als Nachfolger der Milleniumsziele von allen Mitgliedsstaaten der UNO verabschiedet. „Die Ziele haben die veraltete Idee ersetzt, dass es entwickelte und Entwicklungsländer gibt“, erklärte Garcia. „Wir müssen uns alle entwickeln, um das Ziel zu erreichen, dass alle Menschen ein würdiges Leben führen.“

Was heißt heute „menschenwürdig leben“?

Aber zu definieren, wie ein menschenwürdiges Leben heute aussieht, was essentielle Bedürfnisse und was doch eher erstrebenswerte Wünsche sind, gestaltete sich im Workshop dann gar nicht so einfach: Zählen Strom- und Internetversorgung heute noch zu einem Wunsch, oder sind es doch eher Bedürfnisse, ohne die man vom sozialen Leben abgeschottet ist? Sind Gleichberechtigung von Mann und Frau ein Ziel, das jedes Volk auf der Welt anstrebt, oder finden sich hier nur westliche Vorstellungen wieder? Die simplen Planspiele brachten die Gruppe ordentlich ins Grübeln. Besonders spannend wurde es, weil Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen miteinander diskutierten: So waren zwei Syrer der Meinung, die Gleichberechtigung in Deutschland sei sehr weit entwickelt. Eine andere Teilnehmerin aber wies empört auf die großen Lohnunterschiede und die geringe Zahl an Frauen in Führungspositionen hin: „Da haben wir noch ordentlich Verbesserungsbedarf!“

Die kritischen Teilnehmer stellten in der Diskussion auch fest, dass Deutschland sich eigentlich noch in allen Bereichen, ob im Klimaschutz, bei der Gleichberechtigung oder in Nachhaltigkeitsforschung, weiterentwickeln müsse. Eine besonders wichtige Aufgabe sahen die Teilnehmer in den Partnerschaften zur Erreichung der Ziele: „Deutschland ist eines der reichsten Länder und hat eine historische Verantwortung, anderen Ländern zu helfen“, sagte Hannah.

Die Ziele können bis 2030 wohl nicht erreicht werden, darin waren sich fast alle Teilnehmer einig – auch die Workshop-Leiterin. Garcia betonte, sie seien eine Vision, die zu konkretem Handeln motiviere und schon einiges bewegen konnte.