Der Text handelt von meiner subjektiven Meinung und Erfahrung.

Das Urlaubs-Experiment

Im Sommer 2019 beschloss ich auf einer Jugendreise mich den gesamten Urlaub lang vegetarisch zu ernähren. Grund dafür war das erste Abendessen – Hühnerfrikassee. Das zubereitet Fleisch sah einfach nur schrecklich aus. Ich habe immer noch das Bild vor Augen. Das Fleisch war ganz weiß, zäh und ich hatte noch gefühlt das Huhn vor mir liegen. Deswegen beschloss ich mit einer Freundin zusammen zunächst darauf zu verzichten, für unser Wohl, das Wohl der Erde und als Experiment. Die andere Freundin, die mit in dem Urlaub war, ernährte sich bereits schon einige Jahre vegetarisch. Nach dem wir nun alle drei das „vegetarische Bändchen“ bekommen hatten und schlossen wir den Schwur, dass solange wir das Bändchen tragen, wir uns auch vegetarisch ernähren, ohne Ausnahme. So kam es, dass wir das Bändchen auch noch Monate nach dem Urlaub weitertrugen und uns somit weiterhin vegetarisch ernährten.

Und ich muss ehrlich sein, mir fehlte das Fleisch nicht. Vor allem in dem Urlaub sahen die Gerichte ohne Fleisch eindeutig schmackhafter aus, als die mit Fleisch. Und an dieser Stelle möchte ich sagen, dass ich sogenannte „Fleischfresser“ gar nicht verurteilen möchte, da ich ja lange Zeit auch diese Ernährungsform angestrebt habe und es jedem frei ist, wie man das Leben gestalten möchte. Doch ich bin auch ehrlich – je mehr ich mich mit dem, was hinter der Fleischindustrie steht, beschäftige, desto schwerer fällt es mir, den alltäglichen Fleischkonsum meiner Mitmenschen neutral zu sehen und zu tolerieren. Ich denke, dass ist ein menschlicher Automatismus, andere Leute von seiner Meinung überzeugen zu wollen, Recht haben zu wollen und seine Meinung als die „Richtige“ anzusehen. Doch es gibt nun mal kein richtig oder falsch.

Doch gibt es das wirklich nicht?

Kann Massentierhaltung richtig sein oder anders gesagt, ist sie falsch? Ich habe mich anfangs, wie bereits geschildert, aus anderen Gründen vegetarisch ernährt – als Experiment, für meine Gesundheit und im Sinne der Nachhaltigkeit. Ich wusste, dass das Tier für das Endprodukt, welches wir im Supermarkt kaufen können, sterben muss. Dass es für mich sterben muss. Doch es hat mich irgendwie nicht interessiert. Ich hatte Hunger darauf, war es mein Leben lang gewohnt Fleisch zu essen. Kein Fleisch kann doch nicht gesund sein. Der Mensch war schon immer „Fleischfresser“ und so weiter und so fort. Aus Bequemlichkeitsgründen und jahrelangen Traditionen also. Mein Mitbewohner nannte es im Gespräch, welches wir über diesen Artikel geführt haben, Egoismus. Man stellt sich und seine eigenen Bedürfnisse über die des Tieres. Das kann niemand bestreiten.

Außerdem hat mich mein Mitbewohner soeben gefragt, ob ich denn auch etwas Negatives am Vegetarismus sehe. Mir fiel zunächst nichts ein, eigentlich nur Vorteile, auf die ich später noch eingehe. Einzig und allein negativ ist, dass ich manche Dinge nicht essen kann. Im Restaurant oder wenn Oma mal wieder kocht. Es ist eine Umstellung, die natürlich einen starken Willen und neue Rezeptideen voraussetzt. Und dieser Wille ist mal stärker, mal nicht. Anfangs war er eher schwach bei mir, da ich nicht aus Überzeugung dem Tier gegenüber verzichtet habe. Manchmal habe ich dann auch eine Ausnahme gemacht, wenn Oma extra gekocht hat und der Döner doch schon sehr lecker gegenüber der Salattasche aussah. Das ist okay, solange du das mit dir vereinbaren kannst. Du entscheidest selbst, wie du leben möchtest.

Radikale Meinung vs. „Leben und leben lassen“

Was ich persönlich noch als Problempunkt sehe ist, dass ich eine klare Meinung gegenüber Fleisch habe. Ich kann mir die Fleischtheken nicht mehr ansehen, ohne dass ich mich ekel. Verstehe nicht, warum man sowas kauft, obwohl man weiß, was dahintersteht. Durch diese kontroverse Meinung, finde ich einen gemeinsamen Einkauf schwierig. Gemeinsam kochen wird schwieriger. Und es gibt natürlich auch mehr Diskussionsbedarf. Das ist nicht auf Anhieb schlecht, da eine Debattenkultur der Grundstein der Demokratie ist und jeder seine eigene Meinung haben darf und diese natürlich auch äußern darf. Nur mir fällt es oftmals auf, dass ich versuche sie zu überzeugen, von meinem Lebensstil überzeugen, da ich ihn für richtig halte. Und doch ist es nur meine Meinung und es gibt kein richtig oder falsch. Schließlich verbreite ich auch sonst das Motto „Leben und leben lassen“. Warum fällt mir das dann hierbei so schwer? Ich möchte keine Menschen belehren. Ich möchte sie nicht erziehen. Ich möchte sie wenn überhaupt inspirieren. Sie sollen sich selbst ein Bild machen, so wie ich mir selbst ein Bild gemacht habe.

Die Sache mit dem übermäßigen Konsum

Ich kann nur für mich sprechen. Ich habe mich mit dem Thema Vegetarismus seitdem immer mehr beschäftigt – mit den Auswirkungen auf das Tier, die Umwelt und meinen Körper und weniger Fleischkonsum ist in jedem Falle besser. Weniger Konsum ist in jedem Lebensbereich besser – ob Kleidung, Social Media oder Fleisch. Ich konsumiere gar kein Fleisch mehr und versuche allgemein auf immer mehr tierische Produkte zu verzichten. Ich informiere mich über das Internet, Zeitschriften, Podcasts oder auch in Gesprächen mit Freunden. Ich habe mir die Frage gestellt, in welcher Welt ich leben möchte – und ich möchte nicht, dass ein Tier für meinen Konsum leidet. Somit setze ich mich momentan mit dem Thema vegan auseinander und ernähre mich nun eine Woche vegan. Darüber werde ich auch bald hier in einem Artikel berichten.

Bis dahin wünsche ich dir, dass du deinen Weg findest und gehst, den du für richtig hältst. Ich möchte dich nicht belehren, denn es gibt kein richtig und kein falsch. Das möchte ich auch noch mehr lernen und Leute leben lassen, so wie sie es wollen. Vielleicht inspiriere ich dich, vielleicht auch nicht. Doch eine Frage möchte ich dir stellen – in welcher Welt willst du leben?