Dieser Artikel ist an jemand ganz besonderen gerichtet. An jemanden, der mich seit meiner Geburt bis heute und bis ganz zum Ende begleitet hat, begleitet und begleiten wird. In den letzten Jahren ist mir dies immer bewusster geworden, weshalb ich ihm hiermit einen Artikel widme.

 

Da ist eine Stimme in mir. Egal wo ich bin und was ich mache, sie begleitet mich. Tag für Tag, Stunde für Stunde, ja sogar jede Sekunde. Sie redet mit mir, wenn niemand sonst zum Reden da ist. Wenn ich allein bin, mit mir selbst und meinen Gedanken, dann habe ich dich. Du bist immer da und das ist schön.

Hörst du mir zu? – Ja, ich höre dir zu.

Da ist eine Stimme in mir. Sie schleicht sich heimlich in meinen Kopf, nimmt mich ein, erzählt mir meine Sorgen und Ängste. Manchmal macht sie diese dadurch größer als sie sind, an anderen Tagen erträglicher. Sie weiß alles über mich, vielleicht ist sie sogar die Einzige, die das wirklich tut.

Vertraust du mir? – Ja, ich vertraue dir.

Da ist eine Stimme in mir. Ich verstehe sie und sie mich. Vielleicht ist sie sogar die Einzige, die das wirklich kann. Sie weiß, warum ich in bestimmten Momenten auf bestimmte Weise handle, oder zumindest versucht sie, es herauszufinden. Diese Stimme weiß von meinen Stärken, aber auch von meinen Schwächen, meinen Fehlern. Manchmal verurteilt sie mich dafür und macht mir Vorwürfe. Aber dennoch versteht sie es besser als sonst jemand.

Verstehst du mich? – Ja, ich verstehe dich?

Da ist eine Stimme in mir. Sie kann all meine Emotionen nachempfinden, jede einzelne. Vielleicht ist sie sogar die Einzige, die dazu in der Lage ist. Sie spürt meine Freude, meine Liebe und meine innere Ruhe. Gleichzeitig empfindet sie genauso meinen Schmerz, meine Wut, meine Enttäuschung. Sie teilt jede dieser Gefühle mit mir. Aber nicht nur das, sie ist gleichzeitig auch in der Lage, mir die Hand zu reichen, wenn ich nicht weiter weiß oder mich einfach mal die Augen schließen zu lassen – einfach zu atmen.

Fühlst du das auch? – Ja, ich fühle das auch.

Da ist eine Stimme in mir. Sie macht mich manchmal traurig, weil sie mich nicht anlügt. Manchmal wünschte ich, sie würde es tun. Manchmal wünschte ich, ich könne sie ignorieren. Aber wie könnte ich ihr dann noch vertrauen? Sie sagt mir, wenn ich Fehler gemacht habe und dass ich sie geradebiegen muss. Ich kann mich nicht vor ihr verstecken, sie findet mich immer.

Bist du ehrlich zu mir? – Ja, ich bin ehrlich.

Da ist eine Stimme in mir. Sie schützt mich vor Schmerzen, so gut wie es niemand sonst kann. Sie warnt mich, macht mich aufmerksam und achtet darauf, dass es mir gut geht. Die Stimme ist mein Wegweiser – ob ein richtungsweisender Kompass oder eine Karte mit genauen Koordinaten.

Passt du auf mich auf? – Ja, ich passe auf dich auf.

Da ist eine Stimme in mir. Egal wo ich bin und was ich mache, sie begleitet mich. Tag für Tag, Stunde für Stunde, ja sogar jede Sekunde. Aber wer ist diese Stimme? Will sie mir Böses? Nein, im Gegenteil sogar: Sie macht mir Mut und Hoffnung. Sie glaubt an mich und durch sie habe ich die Sicherheit, egal was geschehen mag – ich werde das alles irgendwie hinbekommen. Manchmal rede ich sie klein oder ignoriere sie, aber sie verzeiht es mir. Manchmal ist auch sie gemein und streng zu mir, wodurch sie mir wehtut. Aber sie sagt mir auch immer wieder, dass sie stolz auf mich ist – stolz auf das, was ich schon alles geschafft und erlebt habe. Dank ihr habe Dinge getan, die ich mir niemals zugetraut hätte. Sie schenkt mir ein so starkes Vertrauen in mich, dass ich manchmal das Gefühl habe, jeden Fels auf meinem Weg wie eine Feder hochheben zu können. Die macht mich stark, wie es niemand sonst kann.

An ihr kann ich mich festhalten und jeden Tag etwas Schönes finden, auch wenn es noch so klein ist. Sie ist mein Anker und sie wird mich bis zum Ende begleiten und meinen Weg mit mir beschreiten. Ich muss sie ehren, denn sie ist die einzige, die immer da ist und immer da sein wird. Ich bin nie allein durch sie. Sie schließt mich in ihre Arme und trocknet mir die Tränen. Sie ist jederzeit an meiner Seite. Aber was ist, wenn das eine Lüge ist und sie mich doch einmal verlässt?
Ich weiß, selbst wenn sie mich einmal eine Zeit lang verlassen zu haben scheint oder ich mich nicht mehr an ihren Klang erinnern kann – wenn die Welt dunkel wird – sie wird dennoch immer irgendwo in mir sein, verschüttet, eingeklemmt, gefangen, aber sie ist da.

Und dafür danke ich ihr. Ich danke ihr dafür, mir immer wieder das Gefühl zu geben, dass ich mehr schaffe, als ich mir oft zutraue und als Teil dieser großen Welt trotzdem etwas ausmache und Einfluss habe. Ich danke ihr aber genauso dafür, mich mein eigenes Handeln reflektieren zu lassen und mir Fehler eingestehen zu können. Sie treibt mich jeden Tag aus dem Bett und wieder hinein, um einen neuen Tag zu beginnen. Wir kommen gut zurecht, die Stimme und ich. Schließlich werden wir einander eine lange Zeit begleiten.

 

Da ist eine Stimme in mir. Ihr Klang ist mir am bekanntesten und wie könnte ich ihn jemals vergessen, wenn es doch der meine ist? Kennst du sie auch? Jede/r hat eine Stimme in sich, man muss ihr nur zuhören.

 

Bildquelle: https://pixabay.com/de/illustrations/m%C3%A4dchen-nest-haar-fliege-v%C3%B6gel-853993/   Eingesehen am 10. Oktober 2023