Auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin tauschen LGBT+ Unterstützer und Sprecher sich über den LGBT+ Tourismus aus. An dem Stand des Ausstellerlandes Japan stehen zwei große Aufsteller zweier Brautpaare. Auf dem einen Bild ist ein lesbisches Liebespaar mit weißen Kleidern abgebildet. Auf dem anderen halten zwei Frauen ein junges Baby in ihren Händen. Die Bilder sind provokant, denn in Japan ist die gleichgeschlechtliche Ehe verboten und eine Adoption wird Paaren, die im Pass das gleiche Geschlecht aufführen, erschwert.

An dem Stand treffe ich Shiho Ikeuchi, die globale International Gay and Lesbian Travel Association (IGLTA) Botschafterin für Japan. Sie erzählt mir, dass sie später noch einen Vortrag über ihre neu entwickelte Werbekampange halten wird. Die beiden Aufsteller sind Auszüge aus der aktuellen Werbung, die LGBT+ Paare bei ihrer Hotelwahl unterstützen soll. Die persönlichen Erfahrungen der insgesamt vier außergewöhnlichen Paare werden in den nächsten Wochen in der Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert werden.

Interviewer: Hallo Shisho Ikeuchi. Vielen Dank, dass du dir vor deinem Vortrag noch Zeit für ein Interview für das youthmag nimmst. Du hast mir erzählt, dass in Japan die gleichgeschlechtliche Ehe verboten ist. Fällt es da schwerer die Menschen für den LGBT+ Tourismus zu sensibilisieren, als in anderen Ländern?

Shisho Ikeuchi: Nein, das ist nicht wirklich ein Problem. Die Anfänge sind meistens am schwersten, denn viele Hotels und Reisebüros wissen, dass sie in den LGBT+ Markt einsteigen müssten, wissen aber nicht nicht, wo sie anfangen sollen. Einige haben auch Angst davor, dass sie ihre Stammgäste verlieren, falls sie in diesen für sie neuen Markt einsteigen. Aber das ist nicht wahr. Viele Statistiken belegen, wenn Sie die Community unterstützen, profitiert das ganze Business davon und sie können neue Stammgäste gewinnen. Wir können in diesem Punkt viel von den USA und Europa lernen. Jedes einzelne Land, was immer sie tun, um die LGBT+ Community zu gewinnen, gewinnt auch neue Besucher und profitiert davon. Es ist nicht wichtig, für welche Gruppe sie sich öffnen, sie werden dabei äußerst erfolgreich sein. Und genau das ist es, was wir den Managern in Japan ans Herz legen: Hab keine Angst davor in den Markt einzusteigen. Wir tun die richtige Sache, wenn wir Inklusion fördern. Die Olympischen Spiele werden 2020 in Tokyo stattfinden, so viele Menschen kommen nach Japan, da müssen wir vorbereitet sein. Jetzt ist die Zeit für Unternehmen IGLTA zu unterstützen und auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen.

Interviewer: Wie sieht deine Arbeit als Marketingleitung und Unterstützerin von IGLTA aus?

Shisho Ikeuchi: Ich habe mein eigenes Unternehmen vor vier bis sechs Monaten gestartet. Meine Aufgabe ist es, die Probleme der LGBT+ wahrzunehmen und anzusprechen. Ich kläre dann die Unternehmen und Angestellten darüber auf, wie sie das Reisen für diese Zielgruppe angenehmer gestalten können. Wir geben Unterricht darin: Wer sind diese LGBT+? Außerdem versuche in die Unternehmenspolitik anderer Partner dahingehend zu gestalten, dass Diskriminierungen in alle Richtungen, zum Beispiel Herkunft, Aussehen und sexuelle Orientierung, ausgeschlossen werden. In meiner Arbeit als Marketingleitung entwickle ich vor allem Kampagnen wie diese hier. Sie zeigt auf die Bilder, die mich vorher an den Stand gelockt haben. Das ist unsere neue Hochzeits-Kampagne für gleichgeschlechtliche Paare. Sie ist heute exklusiv auf der Internationalen Tourismusbörse veröffentlicht worden. Es ist wichtig den Kunden ehrliche und echte Bilder zu zeigen. Wenn sie die gleichgeschlechtlichen Hochzeitsfotos dieser Paare betrachten, erkennen sie viel darin. Die Bilder sprechen dann für sich.

Interviewer: Wie reagieren Menschen auf eure Kampagnen?

Shisho Ikeuchi: Zu dieser Kampagne haben wir bisher noch keine Rückmeldung von Kunden erhalten. Das liegt natürlich daran, dass sie erst heute veröffentlicht wurde. Vor fünf Jahren habe ich schon eine ähnliche Kampagne für ein anderes Hotel entwickelt. Die meisten Kritiken haben wir per Mail erhalten. Sie waren sehr freundlich und bedankten sich dafür, dass wir die Gender-Debatte aufgegriffen haben. Sie fühlten sich willkommen und das war uns wichtig. Viele Unternehmer in Japan sind zu uns gekommen, um zu lernen, wie sie sich entwickeln können und konnten von unseren Erfahrungen profitieren.

Interviewer: Du reist sehr viel, bist häufig unterwegs und kaum zuhause. Was ist deine persönliche Motivation so viel Energie in diese Arbeit zu stecken?

Shisho Ikeuchi: Ich möchte jeden willkommen heißen und das ist ein Teil meiner Arbeit. Es ist doch nichts wirklich besonderes, wenn wir versuchen wie ein normales Hotel zu sein und allen Gästen den angenehmsten Aufenthalt zu ermöglichen, den sie sich wünschen können. Es ist eine spannende Aufgabe. Wie ich im Panel bereits mit den anderen diskutiert habe, ist es spannend sich weltweit zu vernetzen und gemeinsam Kampagnen zu entwickeln. Sie lacht und nickt bestätigend. Das ist mein sechstes Jahr auf der ITB. Zum ersten Mal kann ich meine eigene Kampagne vorstellen, das ist großartig! Die LGBTQ* Community ist so stark und fest vernetzt, wir helfen uns immer gegenseitig. Wenn du einmal im Markt drin bist, ist es einfach mit anderen Unternehmen zusammen zu arbeiten. Auch andere Hotels arbeiten zusammen und wollen den Urlaubern zeigen, dass wir alle sie gern bei uns als Gast begrüßen.

Interviewer: Noch lange wollen nicht alle Länder LGBT+ Touristen mit so offenen Armen empfangen, wie deine Japan Kampagne vermittelt. Wie sicher ist das Reisen für sie?

Shisho Ikeuchi: Es ist eine natürliche Bewegung, die sich stetig entwickelt. Auch wenn es noch Länder gibt in denen die gleichgeschlechtliche Ehe verboten ist und diese Menschen von Teilen der Bevölkerung diskriminiert werden, genau dort sind wir mit IGLTA vor Ort. Menschen wollen in diese Länder reisen und es entsteht ein Interessenskonflikt. Wir wollen absichern, dass diese Menschen trotzdem sicher reisen können, das ist uns sehr wichtig. In der Zukunft soll sich keiner mehr dafür interessieren müssen, wer wen liebt. Sie sollen alle Willkommen sein!

Interviewer: Wie schätzt du die Menschen in den Ländern ein, in denen die gleichgeschlechtliche Ehe noch verboten ist? Haben sie die Kraft etwas zu verändern?

Shisho Ikeuchi: Die LGBTQ* Community ist sehr stark. Diejenigen, die ihre Stimme ergreifen, werden eine Bewegung gründen und die Politik verändern können. Sie kämpfen für ihre persönlichen Rechte und die Einhaltung der Menschenrechte. Da dürfen sie nicht verlieren.

*Dieses Interview wurde aufgezeichnet und im Anschlus sinngemäß vom Englischen ins Deutsche übersetzt.