Mein Jahrgang und die meiner Freund:innen, die Generation Y und Z, seien diejenigen, die am Offensten über ihre Gefühle sprechen würden. Wir können durch Kreativität Emotionen zeigen und stehen für Achtsamkeit und Selbstliebe¹.

In diesem Monat geht es um das Thema Mental Health. Denn in einer Zeit in der wie mehr vor unseren Bildschirmen sitzen, als an die Luft zu gehen und mehr Videocalls machen, als jemals zu vor, ist es um so wichtiger darüber zu sprechen. Ich kann von mir persönlich reden. Mit fällt es schwierig Kontakte zu halten, nicht weil ich es nicht möchte, sondern einfach, weil ich den ganzen Tag meinen Laptop, mein Handy oder mein Tablet sehe und es dann einfach nicht mehr kann. Ich bin fertig, mein Körper möchte nicht und mein Kopf ist auch ein wenig überladen. Es ist nicht vergleichbar mit alldenjenigen die in den Krankenhäusern Leben retten und im Rettungseinsatz noch viel härter arbeiten. Doch das heißt nicht, dass meine und auch eure Gefühle weniger schwer sind. Ich glaube mir fiel es noch nie schwieriger als jetzt, über meine Gefühle zu sprechen. Aus diesem Grund habe ich die Frage einer Reihe an Freunden und Freundinnen und am Ende auch mir gestellt:

Wie geht es dir? Wie geht es dir, wirklich?

Neben den Gesprächen mit Freund:innen und Bekannten führte ich ein Interview mit einer Psychologin. Warum fällt es uns immer schwerer den Kontakt zu halten und nach draußen zu gehen? Was können wir machen, um uns aus dem immer gleichen Tagesabläufen zu befreien? Dieses wollte ich von ihr wissen. Das Gespräch wird als Abschluss dieser Reihe erscheinen.

Dieser Text ist der Start einer fünfteiligen Reihe und beginnt mit Max²

Max, 24 Jahre, Student aus Bielefeld.

Das Gespräch mit ihm habe ich über Zoom geführt. Der erste Eindruck? Er wirkt etwas angespannt, eine wirkliche Atomsphäre ist noch nicht da. Seine Gestik beim Sprechen sehe ich nicht und bei der erste Frage nach seinem Tag, klingt die Antwort nur wenig spektakulär.

 Um 10 Uhr aufgestanden, Kaffe getrunken, eine geraucht und eine Doku über Techno geschaut 

Alltag. Nun sitze er am Schreibtisch und müsste eigentlich die Hausarbeit schreiben aber seine Motivation ist nicht wirklich da. Die Strukturen, die er sich vor einem Jahr zurecht gelegt hatte, da „die Pandemie ja wohl nicht all zu lange geht“ haben nur ein paar Monate gehalten.

 Kein Bock mehr, mir die Zwänge aufzulegen, nur um einen geregelten Tagesablauf zu haben. 

Die Tage seien bei ihm auch immer mehr in die Nacht gerückt, später aufstehen und noch später ins Bett gehen – da seien die Schlafprobleme eigentlich schon vorprogrammiert. Nach ein paar Minuten im Gespräch wirkt Max entspannter. Er erzählt, dass seine Stimmung eindeutig schlechter geworden ist. Seine Geduld wurde kürzer, die Frustration immer mehr, so schlimm wie in diesem Winter sei es bei ihm noch nie gewesen. Vitamin D Tabletten, damit sich die Gemütslage verbessert. Motivation und Geduld haben sich nicht verbessert.

Dennoch hat sich Max Gedanken gemacht, wie er sich motivieren kann. Am Morgen setze er sich nicht direkt an den Schreibtisch, sondern versucht „eher klar zukommen“. Rausgehen und ohne Ziel spazieren, das würde ihm Gut tun. Ein Ziel haben scheint weniger wichtig zu sein. Allein, dass nun regelmäßigere und ausgiebige Kochen sei für ihn eine „Leistung mit Belohnungseffekt“. Allgemeine Veränderungen gebe es bei ihm aber sonst nicht, man könne schließlich auch nicht wirklich etwas machen.

 Zwei Tage mal nichts machen. Keine Leistung erbringen.  

Kontakte hätte sich reduziert. Vor einem Jahr habe er noch versucht Menschen öfter anzuschreiben, doch die Energie dafür hat kein Jahr gereicht. Jetzt seien es eher Gespräche und vor allem auch Anrufe die 1 bis 2-Mal im Monat passieren. Warum sollte man sich schließlich schreiben, wenn es nur „Lappalien“ sind. Doch eines hat sich vermehrt – der Kontakt zu der Familien und Geschwistern sei mehr geworden, „man sehe sich ja nicht mehr“. Momentan seien seine Kontakte, mit denen er schreibt, wieder mehr. Jedoch habe er auch mit einigen schon bestimmt ein Jahr nicht mehr gesprochen.

Bei der Frage, was Max momentan Schwierigkeiten bereitet, antwortet er erstmal mit dem, was ihm leicht fällt. Unerwartet kommt da die Arbeit ins Spiel. Max erwähnt die regelmäßigen Corona-Tests und das Gefühl der Sicherheit, wenn er arbeitet. Es fühlt sich für ihn nun besser an zu arbeiten, die Unsicherheit sich anzustecken hat sich reduziert. Außerhalb der WG, in der er lebt, zu arbeiten, das sei für ihn einfacher. Das ändert sich jedoch bei ihm Zuhause, am Schreibtisch in seinem Zimmer. „Uni-Kram zu Hause machen, einfach schwierig“. Er könne sich nicht für Projekte begeistern und seine Frustrationsgrenze ist auch sehr hoch.

Was macht dich glücklich? – Pause – Max denkt. Ein paar Sekunden später:

 Musik. Das war es. Lachen. 

Er habe wieder zu Malen angefangen und freue sich über gute Gerichte, die Erkenntnis den richtigen Studiengang gewählt zu haben. Kleinigkeiten, die ihn früher wahrscheinlich nicht direkt in den Kopf gekommen wären. Die letzte Frage nun, ein Blick auf die Uhr zeigt, 20 Minuten um. Es kam mir länger vor.

Wie geht es dir Max? Wie geht es dir wirklich?

„Wenn die Sonne scheint, gut“. Das Wetter mache viel aus, insgesamt gehe es ihm nicht so gut. Seine Grundstimmung ist eher frustriert. Nun weicht er ab, die Politik und die Wirtschaft – irgendwie alles etwas enttäuschend. Er habe nie Frust gegenüber der Politik empfunden, doch nun sei er frustriert. Er kann nicht verstehen, warum auf die Wirtschaft eingegangen wird und die privaten Personen außer Acht gelassen werden. Nachrichten schaue er sich nicht mehr an, sobald ihn schon der Titel frustriert. Das Gespräch läuft langsam aus und nach dem Interview unterhalten wir uns noch. Max lächelt und ich habe das Gefühl, dass das Gespräch etwas bewirkt hat.

 

¹ https://www.kas.de/documents/252038/7995358/Generation+friedliche+Revolution+-+Jugend+2020.pdf/ca0d0cc4-2c87-0b4f-24cd-f2d438b78e5b?version=1.0&t=1601554417679

² Name geändert, aber der Redaktion bekannt