In fremde Welten flüchten und längst vergangene Zeiten zum Leben erwecken – welcher Bücherwurm hat nicht schon einmal davon geträumt, auch einmal ein Buch zu schreiben? Sogar einmal vom Schreiben leben zu können und hauptberuflich Autor zu sein? Wie der Alltag eines Vollzeitautoren tatsächlich aussieht, kann man auf der Frankfurter Buchmesse bei zahlreichen Gesprächen mit Schriftstellern aus aller Welt erfahren. Wer dabei auch noch testen möchte, wie viel aus dem Französischunterricht hängen geblieben ist, sollte einmal im Pavillon des diesjährigen Gastlandes der Frankfurter Buchmesse vorbeischauen.
Doch halt – eigentlich sind es ja zwei Gastländer, denn neben Frankreich hat auch die Wallonie, der französischsprachige Teil Belgiens, seinen Auftritt auf dem Messegelände. Deshalb sitzen sich in der Gesprächsreihe „Autor*innen-Duo“ zwischen den turmhohen Holzregalen auch jeweils ein Autor oder eine Autorin aus einem der beiden Länder gegenüber, um Fragen zu ihrem Arbeitsalltag zu beantworten. Und der besteht laut Autorin Christine Féret Fleury, die beim Autor*innen-Duo am Donnerstagnachmittag ihr Land Frankreich vertritt, vor allem aus – lesen. „Wenn ich für einen Roman recherchiere, lese ich sooo viel“, erklärt sie dem Publikum – wobei sie mit ihrer Hand einen imaginären Bücherstapel verdeutlicht, der bis über ihren Kopf reicht. Letztendlich, so die Autorin, fließt jedoch nur ein Bruchteil der gesammelten Infos tatsächlich in die Story ein. Jedoch sei die Recherche gerade beim Schreiben von historischen Romanen wichtig. „Der Leser möchte eine Zeitepoche besuchen, die längst vergangen ist, Leute kennen lernen, die längst nicht mehr leben. Deshalb ist es wichtig, sich genau anzuschauen, wie die Leute in der jeweiligen Epoche gelebt haben.“ Vor allem müsse der Autor ein Gefühl für längst vergessene Sprachformen entwickeln. „Tatsächlich muss ich viel mit Wörterbüchern arbeiten, damit ich nicht aus Versehen Wörter verwende, die in bestimmten Epochen noch gar nicht existiert haben!“
Ihr belgischer Kollege David Vandermeulen kann da nur zustimmen. Auch abgesehen von der Sprache hat er seine ganz eigenen Tricks für die Recherche. So schreibt er bevorzugt über deutsche Persönlichkeiten wie den Chemiker Fritz Haber – „aber über den gibt es kaum französischsprachige Literatur. Dabei war er eine wichtige Persönlichkeit, denn seine Forschung hat im Ersten Weltkrieg erstmals den Einsatz von verheerenden Chemiewaffen ermöglicht.“ Nur, wie findet man heraus, wie der Mensch Fritz Haber tickte? David Vandermeulen hat sich dem Thema schließlich über Umwege angenähert und sich die Lebensläufe von Habers Weggefährten – zu denen etwa Albert Einstein zählte – angeschaut. „Schließlich habe ich sogar die Autoren gelesen, die Haber und seine Weggefährten auch gerne gelesen haben“, erzählt er.
Eine so tiefgründige Recherche erfordert natürlich viel Durchhaltevermögen, da sind sich die beiden Autoren einig: „Man muss sein Thema wirklich lieben“, lautet ihr Fazit. Vielleicht ist das der Grund, warum Christine Féret Fleury am liebsten Kinder- und Jugendbücher schreibt, obwohl sie auch in anderen Genres erfolgreich ist: „So behält man ein Stück seiner eigenen Kindheit.“