Es ist Wahlkampf 2021, noch knapp zwei Monate bis zur Wahl. Wahlkampf beinhaltet das in diesen Tagen immer klarer werdenden Gründen das Wort Kampf. Es wird sich auf jeden Skandal, nein jede Aktion der drei Hauptkandidat:innen gestürzt. Gerade von uns Medien. Laschet lacht, während Steinmeier Flutopfer betrauert, Baerbock schreibt ab und Scholz… Naja der bleibt bisher ohne Wahlkampfskandale. Was fehlt sind wirkliche Skandale und Hintergründe über die drei Kandidat:innen. Was ist mit Lachets erzkatholischem und homofeindlichem Berater? Nathanael Liminski, Laschets engster Berater, sagte 2001 im Interview mit dem Spiegel: „Ich kenne viele Homosexuelle, und einige tun mir leid. Der Staat muss schon aus reiner Selbsterhaltung die natürliche Form der Ehe und Familie fördern.“. Im selben Interview bezeichnet er Abtreibungen als ethisch nicht vertretbar. Nicht genug? Während seines Studiums 2006-2010 verfasst Liminski Texte für den rechtskonservativen Blog „Freiwelt“, dessen Herausgber Sven von Storch ist. Der Sven von Storch, der heute der Ehemann der AfD Politikerin Beatrix von Storch ist, mit der er zusammen, noch vor kurzem stolz mit dem populistischen Präsidenten Brasiliens, Jair Bolsonaro posiert.
Nathanael Liminski ist heute ein Schattenmann und meidet die Öffentlichkeit. Von seinen Aussagen hat er sich bis heute nicht distanziert. Somit stellt sich die Frage, ob mit Armin Laschet auch ein erzkatholischer rechtskonservativer ins Kanzleramt einziehen würde, der, wenn auch im Schatten, die Zukunft unseres Land mitgestalten darf.
Dann doch Olaf Scholz? Bisher scheint der in diesem Wahlkampf gut wegzukommen. Doch auch seine politische Weste bleibt nicht rein, wenn man sich seine Vergangenheit anschaut. In seiner Zeit als Hamburger Innensenator hält Scholz am von ihm 2001 eingeführten Einsatz von Brechmittel gegen mutmaßliche Drogendealer zur Beweissicherung fest, auch nachdem es im Dezember 2001 einen Todesfall nach der zwangsweisen Verabreichung gab. Erst als der EuGH 2006 den Einsatz von Brechmittel als menschenrechtswidrig verurteilte, wurde davon abgelassen. Im Cum-Ex Skandal gerät Scholz erneut in die Kritik, als bekannt wird, dass seine Behörde, Beträge in Millionenhöhe nicht zurückforderte. Scholz weist bis heute sämtliche Vorwürfe zurück, Kritiker mutmaßen jedoch einen Zusammenhang zwischen Treffen, an denen sowohl Scholz, als auch die in die Kritik geratenene Warburg Bank beteiligt waren. Und doch trotz all dieser Skandale scheinen in diesem Wahlkampf die Kinder von Annalena Baerbock wichtiger zu sein als Millionen verlorene Steuergelder, menschenverachtende Berater und fragwürdige Verhörmethoden. Es zeigt, wie wir Medien uns selbst kritisch begutachten müssen und uns fragen müssen, ob wir uns nicht wieder auf Inhalte konzentrieren sollten, die wirklich wichtig sind. Skandale auszugraben, die wirklich Skandale sind, sollte in Wahlkampfzeiten unsere eigentliche Aufgabe sein, stattdessen reißen wir uns um Klickzahlen, die man eben einfacher bekommt, wenn man über kleine Fauxpas der Kandidat:innen berichtet, statt tiefgründige Recherchen zu veröffentlichen. Gerade in diesen aufgeladenen Zeiten kurz vor der Wahl sollten wir uns auf Inhalte und Qualität besinnen, damit wir das auch mit gutem Gewissen von uns behaupten können.