Gebe es nur die Gewissheit und keinen Zweifel, gäbe es keine Mysterien und folglich keinen Grund für den Glauben„ für einen Kardinal wohl ein untypisches aber wichtiges Zitat, welches im ersten Moment provokant wirkt, jedoch wird seine Bedeutung im Film erläutert.
Der in Deutschland geborene Regisseur Edward Berger erhielt 2023 für seinen Anti-Kriegs Film „Im Westen nichts Neues„ den Oscar für den besten internationalen Film. Zwei Jahre später wird auch das klaustrophobische Drama „Konklave„ für acht akademische Preise nominiert. Wie der Titel uns schon verrät, geht es um ein fiktionales Konklave, nachdem der Papst überraschend verstorben ist. Noch vor seinem Tod ernennt der Papst den Kardinal Lawrence zum Leiter des Konklaves. Lawrence, gespielt von Ralph Fiennes, gibt sein Bestes um diesen Dienst ehrenvoll zu erfüllen, ist jedoch gleichzeitig mit seinem Zweifel am Glauben und den Sinn seiner Aufgabe konfrontiert.
Während des Konklaves kommen 107 Kardinale aus verschiedenen Ländern zusammen, darunter auch der mexikanische Kardinal Benitez der in Afghanistan lebt, dessen Identität bis vor Kurzem nur dem Papst bekannt war.
Der laufende Prozess ist von dunkler aber architektonischer aufwendiger Ästhetik geprägt. Die riesigen leeren Säle oder der kilometerlange Flur repräsentieren die Isolation der Beteiligten, was im Verlauf der Handlung viele Figuren nervös macht. Die kreative Szenengestaltung endet jedoch nicht hier
Der Kameramann Stephane Fontaine spielt mit einem Wechsel aus nahen und totalen Einstellungsgrößen. Der Fokus liegt vor allem auf der Mimik und Gestik der Darstellenden. Da der Film wenige Dialoge enthält, werden die meisten Gefühle und Reaktionen wie Zweifel, Trauer, Ungewissheit und Vertrauen durch die Darstellenden perfekt umgesetzt.
Auch die Detailaufnahmen von Händen sticht einem sofort in die Augen. Sie symbolisieren die verschiedenen Aktivitäten, die man mit guter oder böser Absicht mit den Händen unternehmen kann, wie das Beten oder Händeschütteln aber auch der Einbruch eine einen verschlossenen Raum. Due Kameraeinstellungen sorgen für eine konzentrierte und leicht traumhafte Atmosphäre.
Nicht nur die Aufnahmen markieren die verschiedenen Beziehungen zwischen den Charakteren. Die Beziehung zwischen Lawrence und Benitez oder Lawrence und Gott wird durch Schildkröten symbolisch erläutert. Die Schildkröte kann auf verschiedenste Weise interpretiert werden. Sie können ein Zeichen der Entschlossenheit oder der Veränderung sein. Beides spielt im Drama eine zentrale Rolle.
Durch die atemberaubende Musik werden die bereits angespannten Prozesse noch einmal verstärkt. Des Weiteren sorgen starke Farbkontraste für ein eindrückliches Bild, welches in Erinnerung bleibt, sie dienen sogleich aber auch der symbolischen Deutung.
Durch die Gossip-Girl ähnelnde Atmosphäre geprägt durch Lästern und Drama, bleibt die Spannung erhalten, wobei die Gelegenheit genutzt wird, innerhalb von knapp zwei Stunden diverse gesellschaftliche Themenbereiche anzusprechen. Die Uneinstimmigkeit zwischen den Liberalen und die dadurch stärkere entstehende Konservative Seite ist ein bekanntes Dilemma aus der Politik, was im Film geschickt dargestellt wurde. Außerdem wurde die Diskriminierung gegen über Minderheiten, wie der queeren Community, anderen religiösen Gruppen sowie das Frauenbild in der Kirche thematisiert. es scheint fast enttäuschend, dass eine Gruppe von Menschen, die für die Gemeinschaft und Liebe stehen sollte, sich über so vergleichsweisen unproblematischen und normalen Leben streiten. Hass tut der Seele schlecht.
Die finale Enthüllung, dass der gewählte Papst Intersex ist und weibliche Geschlechtsorgane besitzt ist eine unerwartete Wendung. Die einzige Kritik hierbei liegt in der etwas zu schnellen Erzählweise und dem raschen Wechsel auf Benitez Seite nach seiner Rede gegen dem Kardinal Tedesco. Sowohl der Wechsel als auch das plötzliche Coming-out wurde zu schnell eingeführt und abgeschlossen, wenn man in Betracht zieht, dass die Geschichte sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Gipfel befindet.
Nichts desto trotz bringt der schlussendliche Plot Twist Lawrence eine schwierige Situation.
Er hat bis jetzt jedes Geheimnis, jede Sünde der anderen Kardinäle ans Licht gebracht, um deren wahres ich zu präsentieren. Bei Benitez entschied er sich dagegen, aus dem einfachen und wunderschönen Grund: Sein Geheimnis ist keine Sünde.
Die Differenz zwischen Menschen, die sich dazu entscheiden, ihre Taten zu verstecken, um sich selbst zu schützen, und den Menschen die einfach nur bescheiden existieren wird verdeutlicht. Konklave beeindruckt durch seine tiefgründige Bildsprache, gesellschaftskritischen Untertöne und emotionale Wucht. Die Botschaft, dass die Art, wie ein Mensch existiert, keine Sünde ist, bleibt eindringlich zurück
Quelle Foto: Image by Annett_Klingner from Pixabay