CN: Benennung von transfeindlichen Situationen

Gelungene queere Repräsentation sieht man leider noch sehr selten in Film, Fernsehen oder auch in Büchern. Meist sprechen weiße neurotypische cis Personen über Menschen, ohne die Lebensrealität von marginalisierten Personen selbst zu kennen. Hier geht es deshalb um das Buch „Felix Ever After“ von Kacen Callender. Kacen ist selbst als Demiboy Teil der queeren Community, PoC und weiß deswegen sehr gut, wovon they spricht. Außerdem wurde their Buch mit dem Stonewall Book Award ausgezeichnet.

In dem Buch nimmt uns Felix Love, der Protagonist als Ich-Erzähler, mit in sein Leben. Er ist ein 17-jähriger, der mit seinem besten Freund Ezra in New York auf die Kunstschule St. Catherine‘s geht. Sein größtes Ziel ist es, nach der Highschool auf die beliebte Brown University zu kommen. Um ein Stipendium für die Brown zu bekommen, muss er unbedingt ein gutes Portfolio designen, da sein alleinerziehender Vater sich das auch bei bestem Wille nicht leisten könnte. Als wäre der übliche Schulstress nicht genug, wird Felix in seiner Schule zwangsgeoutet. Es werden alte Fotos von ihm, vor dem Beginn seiner Transition, mit seinem Deadname in der Lobby der Schule ausgestellt. Ab hier beginnt seine Suche nach der Person, die am ehesten zu so etwas fähig ist, um sich an dieser zu rächen.

Auch neben der Suche nach der schuldigen Person, fängt Felix an, sich Fragen über sein Leben zu stellen, die wahrscheinlich viele Menschen in seinem Alter auch haben. Wer bin ich und was ist mein Weg? Was sind meine Ziele und mein Platz in diesem Leben? Fühle ich mich gut mit mir? Wie möchte ich sein? Bin ich es wert, geliebt zu werden? Was ist Liebe überhaupt? Wen liebe ich?  

Neben einigen Internetforen und dem Austausch mit befreundeten Personen über diese Themen, lernt Felix Bex bei einer offenen Diskussionsrunde in einem Queer-Zentrum kennen. Bex hilft Felix auf der Suche nach seinem Bedürfnis nach einem passenden Label und schafft in der Diskussionsrunde einen Safe Space, in dem Felix seine Fragen ganz frei stellen kann. Wie Felix herausfinden kann, welches Label am besten passt, beschreibt Bex mit:“ Diesem Gefühl, dass meine Identität – nicht-binär – so vieles erklärt“ und genau, dass das them das Gefühl gibt, zu sein wie they ist.

Außerdem nimmt uns Felix auch mit zu seinen konkreten Diskriminierungserfahrungen als trans* PoC. Ob es dabei um sein kompliziertes Verhältnis zu seinem Vater geht, der ihm das Geld für seine Mastektomie zusammen gespart hat, aber seinen Namen trotzdem nicht ausspricht oder um die Bekannten in der Schule, die ihn auf seiner Suche unterstützen wollen und dabei in einige Fettnäpfchen treten. Ganz nach dem Vorsatz: „es ist völlig okay, wenn du deine Identität hinterfragst, Du schuldest niemanden eine Rechtfertigung“ steht sein bester Freund Ezra ihm in all diesen Situationen bei Seite. Was während all dem in Felix so vorgeht und wie es ihm geht, merken Lesende vor allem an seinen E-Mail-Entwürfen, die er an seine Mutter formuliert. Zu ihr hat er seit Jahren keinen Kontakt, doch es lässt ihm keine Ruhe, was sie macht, was sie von ihm hält und ob sie ihn liebt. So haben sich schon um die 473 Entwürfe angesammelt, in denen er ganz offen und frei erzählt, da er weiß, dass er sie vermutlich nie abschicken wird.

Durch verschiedene Gespräche mit anderen Charakteren und Situationen, in die Felix kommt, zeigt er verschiedene Privilegien auf und regt Lesende dazu an, ihre eigenen Privilegien zu reflektieren. Ob in Hinblick auf Gender, weiß-sein, sozialen Status oder Sexualität, Ezra und Felix haben in ihren nicht mehr ganz so nüchternen Gesprächen, die sie oft bis tief in die Nacht führen, immer einen Perspektivwechsel oder eine guten Diskussionen zu bieten. Deswegen ist es vor allem für Menschen, die selbst sehr privilegiert sind, wichtig, so ein Buch zu lesen. Dabei muss jeder Person klar sein, dass niemand durch Bücher wie dieses wirklich Emotionen und Traumata nachempfinden kann, wie betroffene Personen diese erleben. Bücher wie „Felix Ever After“ helfen beim Perspektivwechsel, dem über den Tellerrand hinausschauen und sensibilisiert werden, was Aussagen und Handlungen für eine Macht haben.

Um Menschen, die wenig Berührungspunkte mit diesen Themen haben, die Story verständlich, aber auch authentisch rüber zu bringen, befindet sich am Ende des Buches ein kleines Wörterlexikon, welches unter anderem erläutert, wieso they/them Pronomen nicht übersetzt wurden oder wofür die Abkürzung PoC steht. Auch für das Nachschauen, von Begriffen aus diesem Artikel kann ich Internetseiten wie das Queer-Lexikon empfehlen.

Mich persönlich hat diese Geschichte berührt, auch wenn ich von außen betrachtet scheinbar wenig Identifikationsmerkmale mit einer Person wie Felix teile. Ich konnte meine eigenen Gefühle, Fragen und Hindernisse in seinen Überlegungen über das Leben, den Sinn und seine eigene Identität sehr auf meine Situationen übertragen. Also für mich ganz klar ein Buch, dass mich total gepackt hat, super spannend und mitreißend war und für die meisten bestimmt noch einige Denkanstöße bereithält!


Hinweis: Für das Buch „Felix Ever After“ gibt es ein Twiggerwarnig für: Queerfeintlichkeit, (internalisierte) Transfeindlichkeit, Dysphorie, Deadnaming, Misgendering, Mobbing, Zwangsouting