Im Ausland zu studieren, bringt einige Vorteile mit sich. Man lernt eine fremde Sprache am besten, wenn man konstant damit konfrontiert ist, sie zu sprechen. Außerdem kann man durch ein Auslandssemester in eine andere Kultur eintauchen und im besten Fall wird man von einer Organisation wie ERASMUS+ finanziell gefördert. Noch dazu macht sich das Ganze gut auf dem Lebenslauf. Andererseits kann ein Auslandssemester auch Nachteile mit sich bringen.
Seit 2010 treibt das Fernweh über hunderttausende Studierende jährlich[1] für ein oder zwei Semester in andere Länder. Vor allem südliche Länder sind sehr beliebt, denn was gibt es Besseres, als nach der Vorlesung an der Strandpromenade entlang zu spazieren oder ins Meer zu springen? Von dem aufregenden Nachtleben, der kulinarischen Vielfalt und verschiedensten internationalen Begegnungen ganz zu schweigen. Bevor viele das Auslandssemester antreten, hören sie also von Freund:innen die Aussagen „Du musst unbedingt ins Ausland“ oder „das war die beste Zeit meines Lebens“. Damit ist oft viel Druck verbunden. Dass man direkt Anschluss findet und sich in einem fremden Land zurechtfindet, dessen Sprache man gar nicht oder nicht einwandfrei spricht, ist nicht die Norm.
Abgesehen davon, dass ein Auslandsstudium identitätsstiftend sein kann und „den Horizont erweitert“, wie viele immer schwärmen, ist das Erlernen einer Fremdsprache ein großes Argument, das für ein Auslandssemester spricht. Für viele ist es auch das Abtauchen in eine andere Kultur. Aber passiert das wirklich so? Meistens bleiben ERASMUS-Studierende eher unter sich. Es wird Englisch gesprochen und eine nach der nächsten Tourismusattraktion abgeklappert. Also eher eine Art Urlaub und ab und zu kreuzt man in der Uni auf?
Außerdem gibt es neben dem spaßigen Teil dieser Erfahrung auch einige Dinge zu beachten, die weniger Freude bereiten. Angefangen bei der Organisation. Hinter einem Semester in der Sonne steckt ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand, der viel Zeit und Nerven beanspruchen kann. Außerdem sollte man sich bewusst sein, dass man durch ein Semester außerhalb des regulären Takts Zeit verliert. Die meisten belegen zwar Kurse, die äquivalent zu Fächern ihrer Heimatuniversität sind, aber lassen sich die im Ausland erworbenen Leistungspunkte dann nicht wirklich anrechnen. Denn auch hier entsteht ein riesiger bürokratischer und organisatorischer Aufwand. Zudem wollen Studierende, die nur eine begrenzte Zeit im Ausland verbringen, so wenig davon mit lernen zubringen. Für diejenigen, die auf Bafög angewiesen sind, könnte das zu Problemen führen, da sie in der Regelstudienzeit bleiben müssen. Das kann einen Strich durch die Rechnung machen.
Im Nachhinein hat man gut reden, aber diese Hürden können größer sein, als man denkt. Trotzdem ist ein Auslandssemester eine bereichernde Erfahrung. Denn im Ausland zu studieren kann den Blick auf das Studium und das eigene Leben aus einer Distanz verändern. Es ist eben Fluch und Segen zugleich.
[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167053/umfrage/deutsche-studierende-im-ausland/