Stress auf der Arbeit und durch die Arbeit kennen wir alle. Genauso auch das Gefühl, total kaputt nach einem langen und harten Tag nach Hause zu kommen. Dauerhafter und langanhaltender Stress macht einen nicht nur körperlich krank, sondern eben auch psychisch. Während die einen Depressionen entwickeln, kommt es bei anderen zu Burn-On oder sogar Burn-Out. Burn-Out ist ein Begriff, über den man schon deutlich öfter gestolpert ist, aber was ist Burn-On?
Zahlen, Fakten und andere wichtige Hintergründe
„Es bedeutet Betroffenen jedoch viel, dass es für das, was sie innerlich erleben, einen Begriff gibt“ – Timo Schiele (Psychologe und Autor des Buches „Burn On: Immer kurz vorm Burn Out“)
Die Trends der psychischen Krankheiten der letzten Jahre sind mehr als besorgniserregend: Zwischen 1997 und 2021 haben die Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund psychischer Erkrankungen in Deutschland bei Frauen um 180% und bei Männern um 166% zugenommen.
Burn-On ist so eine neue Entdeckung, dass es dazu schlichtweg keine Zahlen oder Studien gibt. Es lässt sich jedoch sagen, dass sowohl Burn-On, als auch Burn-Out keine anerkannten psychischen Krankheiten sind. Woran liegt das? Weltweit orientieren sich Ärzt:innen und Psychater:innen an dem sogenannten ICD (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme), einem Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. In diesem Katalog sind 55.000 Krankheiten, Symptome und Verletzungsursachen aufgelistet. Dieser wird von der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, herausgegeben. In diesem ist Burn-Out nicht als eigenständige psychische Krankheit definiert und festgehalten, sondern gilt als Faktor, der den Gesundheitszustand beeinflussen kann. Denn trotz jahrelanger Forschung ist Burn-Out noch immer schwer allgemein zu erfassen und zu definieren. Betroffene nennen zu unterschiedliche Symptome – dadurch ist ein einheitliches Bild der Beschwerden kaum möglich. Und Burn-On ist dafür noch zu unerforscht.
Zu Burn-Out hingegen gibt es weitaus mehr Zahlen, Studien, Statistiken und co. Die AOK zählte im Jahr 2021 sechs Arbeitsunfähigkeitsfälle (auf 1.000 AOK-Mitglieder) aufgrund einer Burn-Out-Diagnose. Diese Zahl ist das Zehnfache von dem Wert aus 2004, der sich über die Jahre immer weiter erhöht hat. Aus einer weiteren Statistik der AOK lässt sich schnell herauslesen, in welchen Berufen die meisten Betroffenen arbeitsunfähig waren. Mit 318,1 Arbeitsunfähigkeitstagen je 1.000 Mitglieder entfielen im Jahr 2021 die meisten Burn-out-Krankheitstage auf Berufe in der Sozialverwaltung und -versicherung. Dicht dahinter folgen Berufe in Sonder- und Sozialpädagogik (314,4 Arbeitsunfähigkeitstage) und in der Heilerziehungspflege (317,7 Arbeitsunfähigkeitstage). Somit sind diese Berufsgruppen am anfälligsten für das Burn-Out-Syndrom.
Burn-On vs. Burn-Out – Was ist der Unterschied?
„Beim Burn-on-Syndrom sieht das etwas anders aus“ – Timo Schiele
Kraftlosigkeit, Antriebslosigkeit, eine hohe Abneigung gegenüber der Arbeit: das sind alles Anzeichen eines Burn-Outs. Doch worin besteht jetzt der Unterschied zum Burn-On? Menschen, die unter einem Burn-On-Syndrom, auch chronische Erschöpfungsdepression genannt, leiden, haben weiterhin einen engen und positiven Bezug zu ihrer Arbeit; sie identifizieren sich noch stark damit. Außerdem schaffen sie es noch im Alltag zu „funktionieren“ und diesen zu bestreiten. Was auf den ersten Blick „normal“ oder „harmlos“ wirken mag, ist in Wirklichkeit sehr gefährlich. Die betroffenen Personen befinden sich nämlich in Wahrheit in einem sehr kritischen Zustand, der oft mehrere Monate oder Jahre anhält. Während Personen mit Burn-Out schon lange ihren Alltag nicht mehr bestreiten können, haben Personen mit Burn-On eher das Problem aus diesem „Hamsterrad“ auszubrechen.
Ursachen von Burn-On
Was sind eigentlich die Ursachen von Burn-On? Die Menschen, die sich in ihrem beruflichen sowie privaten Leben vollkommen einer Art „strengem Arbeitsmodus“ unterwerfen, sind besonders gefährdet, später dieses Syndrom zu entwickeln. So eine Lebensweise kann schnell zwanghafte Züge annehmen, zu depressiven Phasen und Angststörungen führen. Und aus dem Teufelskreis kommt man nur schwer wieder heraus. Auf der einen Seite ist man stolz auf das Erreichte und auf der anderen trauert man um das Verpasste. Das Risiko an Burn-On zu erkranken, ist nicht bei jedem Menschen identisch. Eigenschaften wie Perfektionismus sowie eine starke und unflexible Leistungs- und Zielfokussierung können aber definitiv dazu beitragen, Burn-On zu entwickeln. Diese Eigenschaften sind natürlich nicht gleich negativ zu sehen, jedoch können sie sich schnell in ein Extrem wandeln. Und dieses Extrem ist dann ein möglicher Auslöser für Burn-On.
Aber nicht nur durch das Berufsleben per se kann Burn-On ausgelöst werden. Genauso können Extremsituationen, wie ein Todesfall in der Familie oder Naturkatastrophen und Pandemien dieses Syndrom verursachen.
Symptome von Burn-On
„Was Menschen mit Burnout nicht verhindern können, versuchen Menschen mit Burn On mit einem Lächeln jeden Tag“ – Professor Dr. Bert te Wildt, Chefarzt der Psychosomatischen Klinik Kloster Dießen am Ammersee
Woran erkennt man denn nun, ob man an dieser chronischen Erschöpfungsdepression leidet? Wie bereits erwähnt, ist der Einfluss von berufsbedingten Stressfaktoren immens, aber es spielen auch Ereignisse aus dem Privatleben mit hinein. Oft ist einem alles schon viel zu lange zu viel, aber man macht einfach immer weiter. Das Verhalten ist eine Mischung aus Hyperaktivität und Lähmung gleichzeitig. Mögliche Anzeichen können auch sein, dass man sich nach Entspannung sehnt, aber so angespannt ist, dass man nicht zur Ruhe kommen kann oder Meditationsübungen nur macht, um weiterhin zu funktionieren. Außerdem verlieren Menschen, die unter Burn-On leiden, die Freude an allem und können nie wirklich zufrieden sein. Neben den mentalen Beschwerden, wie Depressionen und Angstzustände, können auch körperliche Beschwerden, wie Kopfschmerzen, Verspannungen und Schlafprobleme auftreten.
Behandlungsmöglichkeiten und Tipps
Das sind alles mehr als unerwünschte Effekte. Was also kann man jetzt tun, wenn man sich genau mit diesen Symptomen identifizieren kann? Natürlich ist professionelle, psychologische Hilfe in jedem Fall sehr hilfreich, denn niemand sollte eine Erkrankung alleine bewältigen müssen. Genauso kann man selbst auch andere dabei unterstützen, therapeutische Hilfe zu bekommen, wenn man bei ihnen solche Warnsignale erkennt. Neben therapeutischen Maßnahmen kann man selbst auch etwas tun, um Burn-On zu behandeln, aber auch um es vorzubeugen. Hierbei ist das Entschleunigen ein wichtiger Bestandteil. Trotz eines stressigen Alltags ist es essenziell, dass man sich immer wieder zeit für kurze, regelmäßige Pausen nimmt. Denn nur so können wir immer wieder neue Energie über den Tag hinweg schöpfen, ohne dass unser Wohlbefinden zu kurz kommt. Hier kann man verschiedenste Entspannungsmethoden nutzen- von Yoga bis zum Hören eines Podcasts bei einem Spaziergang ist für jeden etwas dabei. Ebenso sind Achtsamkeitsübungen sehr wichtig, um den mentalen Stress abzubauen und zu bewältigen. Hier finden sich online zahlreiche Übungen und Kurse, die einem weiterhelfen können. Solche Achtsamkeitsübungen können uns immens dabei helfen, unser Alltagsverhalten zu reflektieren und Priorisierungen vorzunehmen.
Betroffene müssen zunächst auch selbst erstmal erkennen und sich eingestehen, dass es so nicht mehr weitergehen kann und sie etwas verändern wollen. Und es wird auch einige Zeit dauern, um aus den alten Mustern auszubrechen, aber es wird sich lohnen. Um wieder Freude an Dingen zu finden, hilft es ebenso wieder zur Ruhe zu kommen, was in diesem Zustand alles andere als leicht ist. Man muss erst wieder ein Bewusstsein für die eigenen Empfindungen schaffen. Dieser Prozess der Selbstentwicklung ist stetig und endlos – und er erfordert immer wieder Geduld und Konsequenz.
Fazit
Hohe Ansprüche an Leistung, Erfolg und Anerkennung im Alltag können sowohl Burn-On als auch Burn-Out verursachen. Befindet man sich in einem Dauerzustand von Stress im Alltag, ohne „auszubrennen“, spricht man von einem Burn-On. Dieses Syndrom ist noch relativ neu und nicht gut erforscht, weswegen es bisher keine genauen Zahlen und Studien dazu gibt. Dadurch, dass es nach außen hin nahezu unsichtbar ist, ist es besonders gefährlich für die betroffene Person. Und genau das ist das Problem. Auch wenn man als Außenstehende:r denkt, dass mit einer bestimmten Person alles „in Ordnung“ wäre, weiß man nie, wie es wirklich ist, sofern sich eine solche Erkrankung nicht sonderlich bemerkbar macht. Man schaut den Menschen ja bekanntlich nur vor den Kopf. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass wir uns alle gegenseitig unterstützen und auf uns achten.
Bildrechte:
Quellen:
- https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/psychische-erkrankungen/burnout-syndrom-1055946
- https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/psychische-erkrankungen/burn-on-1127152
- https://www.einfachganzleben.de/leben-balance/burn-on-erschoepfungsdepression
- https://www.medisinn.com/de/magazin/arbeiten-im-burn-on
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/256962/umfrage/au-faelle-aufgrund-psychischer-erkrankungen-in-deutschland-nach-geschlecht/
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/239872/umfrage/arbeitsunfaehigkeitsfaelle-aufgrund-von-burn-out-erkrankungen/
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/239672/umfrage/berufsgruppen-mit-den-meisten-fehltagen-durch-burn-out-erkrankungen/
- https://www.infranken.de/ratgeber/gesundheit/burn-on-statt-burn-out-die-unterschiede-und-symptome-so-macht-es-krank-art-5547157