Was zeichnet einen dieser nervigen Gutmenschen aus? Schnell fallen einem da Adjektive wie naiv, unrealistisch und überheblich ein. Trotzdem beschreibt David Häußer sich ohne zu Zögern als einer von ihnen. Seit 2009 ist er Herausgeber des Online-Magazins „FICKO“ und steht für den Kampf gegen „Rassismus, Sexismus, Ausbeutung, Unterdrückung, insgesamt furchtbare Menschenfeindlichkeit und viele Dinge, die längst abgeschafft gehören.“ Entstanden ist das Projekt aus einer Crowdfunding-Aktion und umfasst neben dem Magazin inzwischen auch entsprechende Kampagnen. Nebenbei ist er musikalisch unter dem Pseudonym form als Rapper unterwegs. „Lieber Gutmensch als Arschloch“ ist sein Lebensmotto. Das Wieso und Warum erläuterte er in dem gleichnamigen YoucoN-Workshop am Samstagnachmittag.

 

Was ist ein Gutmensch?

Ein Gutmensch ist jeder, der sich Mühe gibt, kein Arschloch zu sein.

Zu Beginn zeichnete Häußer mit der Gruppe kurz das typische Bild eines Gutmenschen nach: Naiv betrachtet er die Politik, macht sich mit unrealistischen Forderungen lächerlich und wird als Moralisierer abgestempelt.

Diese Rollenbeschreibung war wichtig für den nächsten Teil: Aufgeteilt in zwei Gruppen nahm die Hälfte der Teilnehmenden die Perspektive der „Normalos“ ein und die anderen versuchten sich als Gutmenschen. Zu zwei provokativen Zitaten von Michael Klonowsky und Birgit Kelle äußerten sie ihre Gedanken, Meinungen und verfielen in hitzige Diskussionen. Das Fazit der Gruppe: Man will und kann dem Grundgedanken der Gutmenschen nicht widersprechen, ohne sich schlecht zu fühlen.

An diesem Punkt fängt Häußers Argumentation an. Denn was bedeuten die vermeintlich unrealistischen Forderungen? Nichts anderes als Gerechtigkeit, gleiche Chancen für alle, das Ende von Ausgrenzung und Diskriminierung. Also die Grundsätze der Demokratie.

Was den Gutmenschen gut macht

Wenn es schlecht ist „gut“ und „Mensch“ zu kombinieren, dann läuft doch irgendetwas falsch.

Für David Häußer ist klar: Diese von der Gesellschaft belächelten Menschen sind die, die sich wirklich Gedanken machen. Sie sprechen Probleme an, die andere gerne ignorieren, einfach weil sie sich nicht damit auseinandersetzen wollen. Das spricht für ein starkes Selbstbewusstsein und dafür, dass man sich selbst kennt. Mit Eingebildetsein hat das nichts zu tun. Häußer ruft dazu auf, aus der Defensive herauszutreten und Rückgrat zu beweisen.

Das Problem mit der „Coolness“

Im Gegensatz zum Gutmenschen steht der Begriff „Coolness“. Er beschreibt das Unterdrücken von Emotionen bei Streitfragen und wird einem von MeinungsführerInnen zugeschrieben, ist demnach keine eigene Entscheidung. Wer „cool“ ist regt sich nicht auf, freut sich nicht zu sehr, denn entweder wird er dann als hysterisch oder als kindisch abgestempelt.

Doch David Häußer stellt sich gegen diese Ansicht. Seine Alternative: „Critical Coolness“. Kritisch den Coolen gegenüberstehen, eigene Maßstäbe entwickeln und für diese wiederum auf coole Weise einstehen. Um das zu leisten, um ein guter Gutmensch zu sein, muss sich jeder fragen: „Was heißt denn gut, was ist überhaupt gut?“

Denn: lieber ein Gutmensch sein, als ein Arschloch.