Auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin stellen die Macher vom Urban Timetravel eine neue Reisetechnologie vor: Die Virtual Reality Stadtrundfahrt. Im Kleinbus setzen die Neugierigen die VR-Brillen auf und sehen während der Fahrt, wie die Straßen der Stadt Luxemburg 1967 aussahen.
Auf die Idee, das Virtual Reality Erlebnis auf Rädern anzubieten, kommt Prof. Matthias Pfaff vom Lehrstuhl Virtual Design der Hochschule Kaiserslautern vor drei Jahren. Schnell wird die Idee aufgegriffen und die Firma „Urban Timetravel“ gegründet. Die Stadt Luxemburg ist begeistert von dem Vorschlag und beauftragt 2018 Urban Timetravel damit, für die Touristen der Stadt eine virtuelle Stadtrundfahrt anzubieten.
Mauern abreißen – Ein Blick zurück
Während der Stadtrundfahrt durch den Stadtteil Pfaffenthal erhalten die Besucher einen Einblick in die Straßen und Lebenswelten der Menschen im Jahr 1867. Genau dann, als Frankreich und Preußen sich mit dem zweiten Londoner Vertrag darauf einigten, Luxemburg für immer als neutral zu erklären. In der virtuellen Darstellung sind noch die deutschen Bundesfestungen zu sehen, die daraufhin abgerissen wurden. Heute ist der Blick über die Täler frei, Festungsmauern sind an dieser Stelle kaum denkbar. Mithilfe der VR-Brillen können die Zuschauer einen einzigartigen Einblick in die ehemalige Stadtstrukturen erhalten und dem Müller bei seinen Erzählungen lauschen, während sein Fuhrwerk sie durch die Stadt fährt.
Ein Tracking-System erfasst die Fahrtrichtung und Bewegung von dem Bus und gibt diese Informationen an eine Software weiter. Die virtuelle Kutsche bewegt sich dann synchron zu den Bewegungen des Fahrzeugs. Theoretisch könnte so jeder Fahrer mit dem Bus durch die Straßen fahren. Diese sehr spezielle Tour mit einer maximalen Geschwindigkeit von 20km/h fahren allerdings nur die offiziellen Busfahrer der Stadt. Hinten im Kofferraum ist das Herzstück der Technologie versteckt. Mehrere leistungsstarke Gaming-PCs laufen zeitgleich, um die VR-Brillen anzusteuern. Virtual Reality in diesem Umfang ist sehr rechenintensiv. Um die Stromversorgung der fünf Brillen und der PCs zu gewährleisten, sind mehrere Omnibusbatterien unter den Sitzen versteckt.
Ein Team, eine Mission
Sechs Monate lang arbeitet das Team aus 3D-Designern, Animateuren, Softwareentwicklern, Storytellern und Historikern für die Konzeptionierung, Planung und Umsetzung der Technologie. Die Stadtbibliothek der Stadt Luxemburg stellt dem Team umfangreiche Originalaufnahmen zur Verfügung, die zur Rekonstruktion der Straßen und Gebäude nötig sind. Die 3D-Designer analysieren die historischen Bilder und kreieren ein Modell der Straßen und Häuser. Anschließend fügen sie die Textur, Umgebungsbeleuchtung sowie Pflanzen und Dreck hinzu. Als letztes ergänzen die Animateure die Figuren. Innerhalb eines halben Jahres entsteht der virtuelle Nachbau der historischen Stadtkulisse. Seit Dezember 2018 können Touristen das Zeitreise-Erlebnis durch Pfaffenthal testen. Der Geschäftsführer Johannes Berdin ist stolz auf das gelungene Projekt.
„Wir haben letztendlich ein Stück Geschichte hier konserviert.“
Die Stadt Luxemburg hat Zugriff auf die 3D Daten des Projekts. Die Straßen, die das Team von Urban Timetravel nachgebaut haben, lassen sich auch verwenden, um beispielsweise eine Ausstellung mit VR-Brillen zu organisieren. In Zukunft möchte Urban Timetravel weltweit verschiedene touristische Reisedestinationen mit dem VR-Zeitreise-Bus ausstatten. Der Andrang an dem Stand auf der ITB zeigt, dass das Produkt halten kann, was es verspricht. Die Menschen waren beeindruckt und steigen mit einem Lächeln aus dem Bus aus. Zwei Städte in Deutschland haben bereits ihr Interesse an der virtuellen Städtetour geäußert und wollen in Zukunft mit Urban Timetravel zusammenarbeiten.