Die Special-Olympics, wie Menschen mit Behinderung den Sport erobern. Mitte September startete das 5. Integrative Golfturnier in Bielefeld. Ich machte mich von meinem Kurz-Wohnort Berlin auf nach Bielefeld in die Heimat und zwar Mitten ins Grüne, dem Bielefelder Golfclub. Auf dem Weg dorthin machte ich mir Gedanken. „Wird es fair werden?“, „Wie wird das Turnier überhaupt stattfinden?“, „Was für Komplikationen wird es wohl geben?“ Als ich ankam war jedoch jeder negative Gedanke weg, überall strahlten mich Menschen an, egal ob mit Behinderung oder ohne. Für alle war es ein Turnier und wie bei jedem Turnier möchten auch alle gewinnen.
Damit das Golfturnier jedoch beginnen konnte, musste erst Mal das Olympische Feuer gezündet werden.
Ich habe mit den Initiatoren Martin Hörmann, Geschäftsführer der Hörmann KG und Klaus-Hermann Bunte, Leiter der Mamre-Patmos-Schule in Bielefeld, vor dem Turnier gesprochen. Das Ziel sei es, so Hörmann, Menschen zu integrieren und zwar nicht nur Menschen mit Behinderung in das „normale Leben“ sondern auch Menschen in das „andere Leben“. So soll „eine Integration in beide Richtungen“ stattfinden. Bielefeld hat durch Bethel eine zentrale Versorgung für Menschen mit Behinderung, erzählt Martin Hörmann. Dadurch sei auch der Kontakt zur Mamre-Patmos-Schule und Herrn Bunte entstanden. Gemeinsam schafften Sie es mit dem Trainer Bradley Kerr und dem Bielefelder Golfclub, Golf zu einem integrativen Sport in Bielefeld zu machen. Ein Ort an dem jeder seiner Leidenschaft nachgehen kann ohne dass irgendeine Art von Einschränkung in Vordergrund gerückt wird. Für Herrn Hörmann ist es bedeutend, dass es nicht nur wichtig sei Medaillen zu sammeln, sondern auch Informationen voranzutreiben.
Während des Interviews mit Klaus-Hermann Bunte bewegen wir uns über den Golfplatz überall sehe ich die unterschiedlichsten Menschen. Spieler des Golfclubs, vor allem junge Spieler, spielen mit den Schülern der Mamre-Patmos-Schule und von Schulen bundesweit, also aus Lippstadt, Wolfsburg und sogar aus München zusammen. Bunte macht deutlich, dass es wichtig sei, den Unterschied zwischen den Special Olympics und Paralympics hervorzubringen. Denn die Special Olympics sind die Spiele für Menschen mit geistigen Einschränkungen, wohingegen die paralympischen Spiele vor allem Spieler mit körperlichen Einschränkungen ein zu Hause bieten. Dieser Unterschied birgt auch Schwierigkeiten. So können zum Beispiel Menschen mit Down-Syndrom nur sehr schwierig Mannschafts-Sportarten, wie Fußball ausüben, Golf hingegen, bietet die optimale Plattform. Der Individual-Sport bietet den Menschen mit Down-Syndrom oder Autismus die Möglichkeit, sich auf wenige, aber bestimmte Abläufe zu konzentrieren.
Dass das funktioniert bemerke ich auch an den Abschlägen. Die Augen der anderen jungen Spieler sind weit aufgerissen, wenn ein Schüler der Mamre-Patmos-Schüler den Schläger schwingt und dann Weiten rausholt, die sie noch nicht erreicht haben. „WOW“, ist das Einzige was in diesen Momenten von den anderen Spielern zu hören ist.
Ich entschied mich nach den Interviews bei einer der Gruppen mit zu laufen. Sie spielten das 9-Loch. Das bedeutet, den Golfball 9-Mal in das Loch zu versenken. Die Sonne schien auf das Feld und es wurde angenehm warm. Meine Gruppe, drei Pärchen, bestehend jeweils aus einem Spieler des Golfclubs und einem Spieler mit Behinderung, war startklar.
Im Laufe des Tages merkte ich, dass egal wie unterschiedlich jeder einzelne der Spieler mit Behinderung ist, sie auf dem Golfplatz alle gleich waren. Ein Mensch mit einem Golfschläger, einem Polo-Shirt, dem Golfball und um Einiges besser als ich auf dem Rasen. Gleichzeitig war ich beeindruckt von der Einfühlsamkeit des Spielpartners. Dem einen musste es klar gemacht werden, nicht den Anschluss an die Gruppe zu verlieren, einer anderen Spielerin dass es wichtig ist, beim Abschlag leise zu sein und der letzte wusste genau was er macht. War das anstrengend? Ja auf jeden Fall, jedoch auch super interessant. Ich kann gar nichts auf dem Rasen und stehe nun die ganze Zeit mit großen Augen auf dem Golfplatz. Die Freude in den Gesichtern bei jedem gelungenen Schlag geht auch auf mich über und desto länger ich mit den Menschen verbringe, desto besser weiß ich wie ich auf bestimmte Situationen reagieren muss. Einer der Spieler antwortet auf Fragen sehr langsam und reagierte auch nicht wirklich, doch ich habe gelernt zu warten. Denn es kommt eine Antwort, das wusste ich nun. Nach Abschluss des Turniers ging es zum Essen und natürlich zur Siegerehrung.
Der Wille zum Sieg und der Traum von einer Medaille, sind schließlich bei jedem Menschen vorhanden. Gewertet wurde in Leistungsgruppen, dadurch wurde die eher schlechteren Spieler*innen nicht mit den besten Spieler*innen gewertet, sondern mit denjenigen die ungefähr gleich stark waren. Damit wurde abgesichert, dass jeder gewinnen konnte. Ich hatte eine sehr gute Gruppe in der von Gold und Silber, bis Bronze alles abgeräumt wurde. Hatte ich das Gefühl auf einem integrativen Turnier zu sein? NEIN! Es war ein Turnier, voller Herzblut, Leidenschaft, Freude aber auch Frust wenn ein Schlag nicht saß. Ganz normal also, wie jeder Wettkampf und das zählt!