Nach langem Suchen haben wir endlich einen Parkplatz gefunden. Beim Aussteigen wird schnell klar: Der deutsche Sommer hat wieder zugeschlagen. Neben der grauen Wolkendecke, die sich über den Himmel erstreckt, ist die Luft kühl und trocken. Es ist 14:25 Uhr und wir haben noch 20 Minuten, bevor unser Zeitticket uns den Eintritt gewährt. Als wir aus dem Parkhaus treten, erstreckt sich vor uns die Ruine eines Betriebsgeländes der Metallindustrie. Weiter hinten sieht man die rostigen Überreste der Hochöfen, während vorne ein in Rost gekleidetes Gebäude steht. Über dem Eingang steht in großen goldenen Buchstaben „PHOENIX DES LUMIÈRES“. Anliegend gibt es noch ein großes Fabrikgelände, das mit seinen vereinzelt ersetzten Ziegelsteinen und der Vielzahl an Graffitis sehr angemessen zur übrigen Umgebung wirkt. Hinter beiden verläuft eine gigantische, alte Gasleitung. Es ist das stereotype Bild des Ruhrgebiets, das einem hier geboten wird. An dem Eingang hat sich eine ordnungsgemäße Schlange gebildet und wir reihen uns an das Ende. Überraschenderweise ist die Luft nicht nur von den Gesprächen der wartenden Menschen, sondern auch von Techno-Musik erfüllt. Die Ausstellung, wegen der wir alle hier sind, heißt „Asterix und Obelix – Ein immersives Abenteuer“. Es sind deutlich weniger Kinder mit Familie anwesend, als ich erwartet hätte; stattdessen sind viele erwachsene Fans vor Ort. Die Unterhaltung der Familie neben mir macht eines klar: Die Organisation des Events ist nur mittelmäßig. Es gibt einen Eingang und eine Schlange, aber es wird nicht geprüft, zu welcher Zeit die Gäste gebucht haben. Nach dem Eintreten in das Gebäude gibt es einen noch engeren Durchgang, um in den Saal der Ausstellung zu gelangen. Somit bildete sich ein Stau, der mit dem Elbtunnel auf der A7 vergleichbar ist und einen extrem stockenden, stehenden Menschenfluss erzwang. Dicht an dicht drückten die Besucher, um in die Ausstellung zu gelangen. Sobald diese Hürde erreicht war und auch wirklich jedes Kind seine Eltern verloren hat, floss besagte Menschenmenge in den weiten Raum heraus.
Da der Einlass sporadisch erfolgte, ohne Rücksicht auf die Startzeiten der immersiven Ausstellung, entstand folgende Situation: Der Film, aus der die Ausstellung entstand war zu Ende und wir mussten warten, bis der Film von Neuem begann.
- Lumières Phoenix
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Lumières Phoenix in Dortmund ist Teil einer Reihe digitaler Kunstzentren der Firma Culturespaces. Das Unternehmen wurde 1990 gegründet und hat sich auf die Verwaltung von Denkmälern, Museen und Kunstzentren spezialisiert. Sie ist besonders für ihre Errichtung von digitalen Kunstzentren und immersiven Ausstellungen seit 2012 bekannt. Der Standort in Dortmund ist mit 2.200 m², 5.600 m² Projektionsfläche und 13 Meter hohen Decken das größte digitale Kunstzentrum Deutschlands. Dabei kommen 100 Videoprojektoren und 28 Lautsprecher zum Einsatz. Das Zentrum wurde am 28. Januar 2023 in der ehemaligen Gasgebläsehalle Phoenixhalle eröffnet. Die Ausstellung ist vom 26. Juni bis 28. September täglich von 13:15 bis 18:00 Uhr in „Phoenix des Lumières“ zu sehen.
Die große Frage ist natürlich: Lohnt es sich?
16 Euro für ein Ticket sind für eine kulturelle Veranstaltung in Ordnung, aber es muss einem trotzdem gefallen, vor allem, wenn man Fan ist. Die Comics gibt es seit 1959, weshalb viele Fans erwachsen oder sogar schon älter sind. Die Reihe hat Serien, Filme, Spiele und sogar einen Freizeitpark hervorgebracht und ist in Europa tief in der Kultur verwurzelt. Es gibt kaum einen Deutschen, der nichts von den wackeren Galliern und ihren unglaublichen Abenteuern weiß.
Genau das ist der Grund, warum eine solche Ausstellung die Herzen aller Fans treffen sollte. Dies ist den Machern jedoch nicht gelungen. Die Geschichte ist zusammengefasst, verwirrend und unnötig. Anstatt einen Comic als immersives Erlebnis darzustellen, haben die Macher sich dafür entschieden, eine neue Geschichte zu erzählen, in der sie Bilder alter Comics verwenden.
Der Druide Miraculix wird entführt und Asterix und Obelix machen sich auf die Suche nach ihm. Ihre Reise führt sie von Gallien nach England, Germanien, Ägypten, Spanien, die Schweiz, Persien, Indien, über den Ozean nach Amerika und schließlich nach Griechenland und Rom. Wer über ein Mindestmaß an geografischen Kenntnissen verfügt, merkt schnell, dass diese Reiseroute zwar überall, aber nicht kohärent oder geradlinig ist.
Irgendwann kommt Asterix auf die sehr eindeutige Idee, dass die Römer Miraculix entführt haben müssen. Was für Überraschung! Selbstverständlich retten sie ihn und feiern das traditionelle Fest am Ende ihres Abenteuers, mit Troubadix im Baum und Wildschwein auf den Tellern.
Generell kann festgehalten werden, dass die Effekte der immersiven Ausstellung gut umgesetzt sind. Phoenix de Lumiéres ist zu Recht berühmt für seine wunderschönen, gut gemachten Ausstellungen, die besonders durch Van Gogh, Monet und Gaudi bekannt geworden sind. Die visuellen Aspekte vermitteln wirklich das Gefühl, im Meer, einer französischen Landschaft oder einer römischen Arena zu sein. Allerdings ist man als Besucher durch die unkoordinierten und unverständlichen Elemente dieser chaotischen Geschichte extrem verwirrt. Das Problem ist nicht, dass die Firma versucht hat, einen Comic als immersive Ausstellung darzustellen, denn Culturespaces hat ihre Vision, Lagerhallen in immersive Räume zu verwandeln, perfektioniert. Die audiovisuellen Aspekte der Ausstellungen sind immer toll. Das Problem ist die Geschichte. Es gab so viele Möglichkeiten, die Idee „Asterix-Comic“ gut umzusetzen, die aber nicht gewählt wurden. Erstens hätten sie den ersten Comic nehmen und diesen in Gänze präsentieren können. Da Dortmund gerade Ausstellungen zur orientalischen Kunst und zum antiken Ägypten hat, hätten sie auch Asterix in Ägypten ausstellen können. Zweitens hätten sie eine neue Geschichte entwickeln können, vielleicht sogar mit der Handlung, dass Miraculix entführt wird und die Helden um die Welt reisen. Warum dann aber nicht die Geschichte so gestalten, dass die Römer mit Miraculix um die Welt reisen, um Asterix und Obelix zu entkommen? Eine dritte Option wäre, darauf zu achten, dass die Nebenfiguren aus den Bildern vollständig geschnitten werden und die Route vernünftig ist, sodass die Figuren nicht teleportieren müssen, damit der rote Faden erhalten wird. (Anders als bei dieser Szene mit Troubadix.)
Aber nein, diese Optionen wurden anscheinend gesehen und ignoriert. Ich kann verstehen, wenn der finanzielle Aufwand bei Option 3 zu hoch ist. Eine Firma will Geld verdienen, auch wenn es um den Erhalt der Kultur geht. Das ist verständlich, aber warum dann nicht eine der anderen Optionen wählen? Stattdessen haben Asterix- und Obelix-Fans jeden Alters eine ungenügende, chaotische, schlecht gemachte immersive Ausstellung bekommen, die wie ein auf Instagram hübsch anzusehender Kuchen ist, aber im Inneren nichts als fad schmeckendes Styropor hat.