Gerne erinnere ich mich zurück an meine Zeit im Kindergarten. Unbeschwert und sorgenfrei den ganzen Tag damit verbringen, Bauklötze zu stapeln, Mandalas auszumalen oder sich an Tische zu setzen, die heute selbst als Stuhl zu klein wären. Es war für mich aber vor allem auch eine Zeit, die ich jetzt rückblickend mit dem Auge eines Studenten als unglaublich wichtigen und prägenden Kindergarten-Unterricht bezeichnen würde. Spannender war danach die Grundschule und die ersten Jahre am Gymnasium. Diese Zeit verbinde ich unter anderem auch mit dem Erstellen von Mindmaps und riesigen Post-Its. Das lag unter anderem an den von den Lehrern mit viel Mühe vorbereiteten Flipchart-artigen Tafelbildern mit gefühlten 3000 schon beschrifteten Post-Its.

Lange Zeit habe ich nicht viel von dieser Methode gehalten, zu durchgetaktet war mir der Unterricht. Diskussionsrunden waren immer an eine Art Skript (in dem Fall die beschrifteten Post-Its) gebunden und konnten sich meiner Meinung nach nie wirklich frei entwickeln – meistens im Unterricht von sehr engagierten Referendaren. Anders heute im Workshop „denken, handeln, wandeln – Hochschule transformieren“. Dieser ist einer von vielen thematisch unterschiedlichen Workshops, die bis zum Samstag Nachmittag, also dem inhaltlichen Ende der youcoN 2019, als Blockseminar angeboten werden. Inhaltlich sowie unterrichtstechnisch habe ich überhaupt keine Erwartungen an den Workshop, vielmehr habe ich die Hoffnung, positiv überrascht zu werden, und das werde ich.

Im Workshop beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Visionen wir als Studenten für Universitäten im Jahr 2030 in den Bereichen Lehre, Betrieb, Governance und Forschung haben und entwickeln dazu eigene Projekte für eine zukunftsfähige Universität. Allein des Themas wegen habe ich deshalb das Gefühl, die Gesprächsrunden werden anders – mehr altersbezogen. Denn vergleichsweise ist das Publikum der youcoN recht jung und sehr dynamisch.

Kindergarten-Methoden auf Hochschulniveau

Die beiden Leiterinnen Cordelia und Josephin berichten kurz von ihren Aufgaben beim „netzwerk n“ und fangen gleich thematisch an. Sofort fliegt mir viel Sympathie und Einsatz entgegen, weshalb ich es grundsätzlich überhaupt nicht einsehe, die Methodik der Flipcharts und Riesen-Karteikarten als unangebracht zu empfinden. Im Gegenteil – ich bin sogar überzeugt davon, dass dieses Thema, verbunden mit dieser Technik, um einiges anschaulicher dargestellt werden kann. Vor allem werden mir erst dadurch die unnötig komplizierte Hochschulpolitik und Universitätssysteme etc. klarer. Nach der Theorie kommt dann die Praxis: Alle Teilnehmer laufen die nächste halbe Stunde im Raum herum und müssen je nachdem, wo sie stehen, zusammen mit anderen Teilnehmern hochschulbezogene Fragen beantworten, die auf Plakate am Boden geschrieben sind. Danach sammeln kleinere Grüppchen auf Postern ihre Vorstellungen von den einzelnen Universitätsbereichen, ergänzen sie und präsentieren sie später im Plenum. Alles wieder, wie ich es finde, sehr im Stile eines Kindergarten-Unterrichts. Für diese Bezeichnung kann man mich gerne kritisieren – ich sehe keinen Anlass diese Kritik nicht ernst zu nehmen oder an mir abprallen zu lassen.

Sehr entspannend ist das autogene Training, eher bekannt unter dem Namen Traum- oder Fantasiereise. Josephin spricht, während alle anderen die Augen geschlossen haben, zu einer beruhigenden Audiodatei und alle im Raum versuchen sich den vorgelesenen Text bildlich vorzustellen.

Der einzige Moment, bei dem ich ernsthaft überlege, aus Prinzip die mir zugetragene Aufgabe nicht zu erledigen, ist  nach der Traumreise und gegen Ende. In kleineren Teams müssen wir unsere Visionen aus eben diesen Traumreisen zusammentragen und künstlerisch mit einem Bastelkasten umsetzen. Sehr zurückhaltend bringe ich meine Ideen zur Umsetzung ein und setze diese auch genauso minimalistisch um. Trotzdem entstehen daraus recht passable Gesamtergebnisse. Nach der Vorstellung endete der erste Tag des Workshop.